Wie sich Bakterien feindlichen Angriffen widersetzen

10. Dezember 2025

Bakterien unterschiedlichster Arten leben meist zu Abermillionen auf kleinstem Raum zusammen, wodurch ein Kampf um Platz und Ressourcen unvermeidlich ist. Um sich in dieser dichten Umgebung zu behaupten, setzen einige Bakterien auf eine molekulare Harpune, mit der sie ihre Rivalen eliminieren können. Sie injizieren ihren Widersachern damit einen tödlichen Giftcocktail. Forschende an der Universität Basel haben nun herausgefunden, dass sich manche Bakterien vor diesem Giftcocktail der Angreifer schützen können. Diese Schutzmaßnahme macht sie jedoch paradoxerweise anfälliger für Antibiotika.

Ein bekanntes Beispiel für ein solches Bakterium ist Pseudomonas aeruginosa, das in der Umwelt weit verbreitet ist, aber auch als Problemkeim in Spitälern gilt. Dieses Bakterium kann zwar in friedlicher Koexistenz mit anderen Mikroben leben. Wird es jedoch von artfremden Bakterien mit einer Nano-Harpune angegriffen, baut es in Sekundenschnelle seine eigene Abwehrwaffe zusammen. Mit diesem sogenannten Typ VI Sekretionssystem (T6SS), das wie eine molekulare Harpune funktioniert, injiziert Pseudomonas seinem Angreifer daraufhin seinen eigenen tödlichen Giftcocktail.

Die zentrale Frage, die sich den Forschenden stellte, war: Wie kann Pseudomonas überhaupt zurückschlagen, wenn es zuvor schon selbst eine Giftspritze vom Gegner abbekommen hat? Eine Antwort auf diesen Mechanismus hat das Team von Prof. Dr. Marek Basler am Biozentrum der Universität Basel gefunden.

Angriff aktiviert Notfallprogramm

Der tödliche Cocktail, den einige Bakterien ihren Rivalen injizieren, besteht aus einem Gemisch toxischer Proteine, die verschiedene lebenswichtige Stellen in den angegriffenen Bakterien attackieren. Dazu gehören Enzyme, welche die Zellmembran beschädigen oder die schützende Zellwand zerstören. Wieder andere bauen die Erbsubstanz ab. „Diese toxischen Proteine richten sich in der Regel gegen viele lebenswichtige Prozesse und Zellstrukturen“, erklärt Alejandro Tejada-Arranz. „Pseudomonas verfügt jedoch über Gegenmittel, die das Giftgemisch unschädlich machen.“ Nach einem Angriff kann sich Pseudomonas deshalb der Wirkung des Gifts entziehen und aktiv zum Gegenangriff ausholen.

Gegenüber den Toxinen von nahen Verwandten sind Bakterien zwar generell immun. Bei den sogenannten T6SS-Attacken von artfremden Bakterien hingegen aktiviert Pseudomonas ein Notfallprogramm, das innert kürzester Zeit vielfältige Schutzmaßnahmen einleitet. „Es kommt zu konzertierten Aktionen, die alle darauf abzielen, dass entstandene Schäden repariert und toxische Proteine abgefangen werden“, so Tejada-Arranz. „So greifen die Bakterien auf ein Membranprotein zurück, welches die beschädigte äussere Zellhülle stabilisiert.“

Die breite Palette an Schutzmaßnahmen macht Pseudomonas widerstandsfähig gegenüber den unterschiedlichen Toxinen seiner Angreifer. Seine Fähigkeit, sich so effektiv in Bakteriengemeinschaften durchzusetzen, könnte möglicherweise auch eine Rolle bei problematischen Infektionen spielen.

Widerstandsfähigkeit geht zu Lasten von Antibiotikaresistenz

Diese Widerstandsfähigkeit hat jedoch ihren Preis. „Wir dachten anfangs, dass die Bakterien, die sich so gut selbst verteidigen können, auch gegenüber Antibiotika weniger empfindlich sind“, erklärt Marek Basler. „Überraschenderweise geht die Widerstandsfähigkeit zu Lasten ihrer Antibiotikaresistenz. Die Bakterien müssen offensichtlich Abstriche machen und können sich nicht gegen alle Gefahren gleichzeitig schützen.“ Es wird vermutet, dass Pseudomonas-Bakterien in der Gemeinschaft vermutlich breit aufgestellt sind: die einen sind besser gegen T6SS-Angriffe geschützt, während die anderen resistenter gegenüber Antibiotika sind.

So soll sichergestellt werden, dass immer einige Bakterien überleben können. „Unsere Arbeit zeigt, dass Pseudomonas über eine ganze Reihe unterschiedlicher Schutzmechanismen verfügt“, sagt Basler. „Ob sie auch bei Infektionen im Menschen eine Rolle spielen, wissen wir noch nicht. Helfen die Strategien Pseudomonas dabei in bakteriellen Gemeinschaften, wie sie bei Infektionen vorkommen? Und was bedeutet das für Antibiotika-Therapien? Das sind weiterhin offene Fragen.“

Quelle

Universität Basel (12/2025)

Publikation

Alejandro Tejada-Arranz, Annika Plack, Minia Antelo-Varela, Andreas Kaczmarczyk, Alexander Klotz, Urs Jenal & Marek Basler.
Mechanisms of Pseudomonas aeruginosa resistance to type VI secretion system attacks.
Nature Communications (2025), doi: 10.1038/s41467-025-65777-x
https://doi.org/10.1038/s41467-025-65777-x

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