Eine neue gemeinsame Studie der Universitäten Helsinki, Zürich, Hohenheim und der TU München beleuchtet die Auswirkungen von Mikroplastik auf die Verdauung von Rindern. Die Forschungsergebnisse zeigen deutlich, dass Mikroplastik die Fermentation im Pansen beeinträchtigt und zudem das Darmmikrobiom beeinflusst.
Im Rahmen der Untersuchung inkubierten die Forschenden Flüssigkeit, die dem Pansen – der ersten Magenkammer von Rindern – entnommen wurde, mit verschiedenen gängigen Mikroplastikarten. Das Ergebnis war eindeutig: Alle getesteten Kunststoffe veränderten die mikrobielle Aktivität, führten zu einer reduzierten Gasproduktion und wurden interessanterweise auch teilweise abgebaut.
Studienleiter Daniel Brugger erklärte das übergeordnete Ziel der Forschung: „Wir müssen besser verstehen, wie sich Mikroplastik auf die Tiergesundheit und die Lebensmittelsicherheit auswirkt – insbesondere, da die weltweite Kunststoffproduktion weiter steigt.“
Detailanalyse der Mikroplastik-Wirkung im Pansen
Die Forschungsergebnisse legen nahe, dass der Verdauungstrakt von Rindern eine aktivere Rolle im Umgang mit Mikroplastik spielt, als bisher angenommen. „Unsere Studie zeigt, dass Mikroplastik nicht einfach durch den Pansen von Rindern hindurchgeht“, erklärte Jana Seifert. Sie beschreibt den Verdauungstrakt vielmehr als einen „Bioreaktor“, der das Plastik fragmentiert und somit möglicherweise neue Risiken generiert. Die Folgen sind vielschichtig: Ein gestresstes Mikrobiom kann die Tiergesundheit negativ beeinträchtigen. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass kleinere Kunststofffragmente leichter in das Gewebe der Tiere gelangen und somit in die Lebensmittelkette übergehen könnten.
Angesichts dieser Erkenntnisse unterstreichen die Forschenden die Bedeutung eines verbesserten Plastikmanagements in der Landwirtschaft. Dies betrifft verschiedene Quellen, darunter Folien, Verpackungsmaterialien und der auf Feldern ausgebrachte Klärschlamm. „Plastikverschmutzung hat direkte biologische Folgen für Nutztiere und möglicherweise auch für den Menschen über die Nahrungskette“, betonte Cordt Zollfrank, Professor für Biogene Polymere an der Technischen Universität München.
Die Studie liefert somit eine wesentliche Grundlage für künftige Risikobewertungen und Überwachungsstrategien. Diese neuen Daten müssen bei der Festlegung von Kontaminationswerten sowie bei der Entwicklung von Methoden zum Nachweis von Kunststoffen in Futtermitteln, Gülle und tierischen Produkten berücksichtigt werden.
HINTERGRUND: Einsatz von Tieren bei der Studie
Die Tierversuche für diese Studie wurden an der TU München durchgeführt. Die anschließenden Omics-Analysen folgten an der Universität Hohenheim. Für die eigentliche Untersuchung wurden jedoch ausschließlich In-vitro-Versuche mittels des Hohenheimer Gas-Tests genutzt. Der dafür notwendige frische Pansensaft wurde von zwei Pansen-fistulierten, nicht-laktierenden Holstein-Kühen der TU München gewonnen.
Die Universität Hohenheim, Erstunterzeichnerin der Initiative Transparente Tierversuche, bekennt sich zwar zur Notwendigkeit von Tierversuchen, hat sich aber bereits 2017 in einer Leitlinie zu sehr strengen Maßstäben verpflichtet: Sie strebt die Reduktion und Abmilderung der Versuche an und legt Wert auf transparente Information darüber.
Quelle
Universität Hohenheim (11/2025)
Publikation
The interaction of microplastics with the ruminal ecosystem in vitro
J. Eichinger, J. Seifert, J.S. Sáenz , N. Amin, S. Lorenz , F. Eckel, C. Zollfrank, W. Windisch, D. Brugger, Journal of Hazardous Materials, 500 (2025) 140481 https://doi.org/10.1016/j.jhazmat.2025.140481