Nasales Mikrobiom: Ressourcenknappheit als Chance

27. November 2025

In unserer Nase beherbergen wir eine Gemeinschaft von Mikroorganismen, die sowohl harmlose als auch potenziell gefährliche Keime umfasst. Besonders berüchtigt ist das Bakterium Staphylococcus aureus. Bestimmte Stämme dieses Bakteriums haben umfassende Antibiotikaresistenzen entwickelt. Die schwerwiegenden Infektionen, die sie auslösen können, sind in manchen Fällen nicht mehr behandelbar. Aus diesem Grund zählt Staphylococcus aureus zu den gefürchteten „Krankenhauskeimen“.

Etwa ein Drittel der Menschen trägt Staphylococcus aureus in der Nase und beherbergt damit ein Bakterium, das unter bestimmten Umständen pathogen, also krankmachend, wirken kann. Ob sich dieser Keim jedoch in der Nase wohlfühlt und dort gedeiht, hängt maßgeblich von seinen harmloseren Mitbewohnern ab, den sogenannten Kommensalen. Diese nicht krankmachenden Bakterien können das Wachstum von S. aureus entweder fördern oder hemmen, was ihre Rolle in der mikrobiellen Gemeinschaft der Nase besonders wichtig macht.

Konkurrenz um Biotin in der Nase

Eine aktuelle Studie zeigt nun, dass Konkurrenz eine große Rolle in diesem nährstoffarmen Lebensraum Nase spielt. „Es gibt einen aktiven Wettkampf zwischen S. aureus und nasalen Kommensalen um das Vitamin Biotin, der die Fitness von S. aureus beeinflusst“, erklärt Simon Heilbronner, Professor für Mikrobiologie am Biozentrum der LMU und Leiter der Untersuchung. Der Infektionsbiologe und sein Team widmeten sich der Frage, welche molekularen Mechanismen diesen Interaktionen zwischen S. aureus und seinen harmloseren Kommensalen zugrunde liegen.

Die essenzielle Rolle von Biotin

Biotin ist für alle Lebewesen existenziell wichtig, da es als Kofaktor für Enzyme fungiert und somit für diverse Stoffwechselpfade – einschließlich der Gluconeogenese, der Fettsäuresynthese und dem Abbau von Aminosäuren – unverzichtbar ist. Da der menschliche Körper Biotin nicht selbst herstellen kann, muss er die Substanz mit der Nahrung aufnehmen, weshalb die Konzentration im Gewebe generell niedrig bleibt. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Biotin auch in der Nasenhöhle nur sehr begrenzt verfügbar ist und dass ein Mangel das Wachstum und die Funktionalität der Zellmembran von S. aureus negativ beeinträchtigen“, erklärt Simon Heilbronner.

Obwohl S. aureus – ebenso wie einige seiner Kommensalen – Biotin auch selbst produzieren kann, ist diese Synthese sehr energieaufwendig. Zudem gehen durch Prozesse an der Zellmembran stetig gewisse Mengen des Vitamins unfreiwillig wieder verloren. Aus diesem Grund verfügen „Alle untersuchten nasalen Bakterienstämme über sehr effektive molekulare Mechanismen für die Aufnahme des Vitamins“, was angesichts der Konkurrenz um diese wichtige Substanz einen entscheidenden Faktor darstellt.

Erschwerend kommt hinzu, dass manche Bakterien, insbesondere Koagulase-negative Staphylokokken, stark auf Nachbarn angewiesen sind, die Biotin herstellen können, da ihnen selbst diese Fähigkeit gänzlich fehlt. Sie zehren somit von der Produktion anderer und beeinflussen dadurch die insgesamt verfügbare Biotinmenge im Lebensraum Nase. Auf diese Weise bleibt das Vitamin Mangelware und somit ein limitierender Faktor für das Wachstum der Keime.

Angriffspunkt gegen multiresistente Keime

„Wir konnten zeigen, dass Biotin die Wechselbeziehungen zwischen den Arten des menschlichen Nasenmikrobioms stark beeinflusst und sowohl für Konkurrenz als auch für gegenseitige Abhängigkeiten sorgt“, so Heilbronner. „Trotz seiner Fähigkeit, selbst Biotin zu produzieren, ist S. aureus darauf angewiesen, zusätzlich Biotin aus der Umwelt aufzunehmen, um optimal wachsen zu können.“

Das könnte ein möglicher Ansatzpunkt bei der Bekämpfung multiresistenter Keime sein: „Man könnte gezielt Probiotika bestehend aus Kommensalen entwickeln, die S. aureus nicht mit Biotin versorgen, sondern ihm Konkurrenz machen. Und neue Wirkstoffe nutzen, die die Synthese oder Aufnahme von Biotin blockieren. Damit sollte sich S. aureus aus der Nase vertreiben lassen.“

Quelle

Ludwig-Maximilians-Universität München (11/2025)

Publikation

Kevser Bilici, David Gerlach, Laura Camus & Simon Heilbronner: Competitive fitness of Staphylococcus aureus against nasal commensals depends on biosynthesis and acquisition of biotin. The ISME Journal 2025.
https://doi.org/10.1093/ismejo/wraf248

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