Winziger Metallbaustein entscheidet, ob Protein-Fabriken in Zellen reibungslos arbeiten

20. November 2025

Ein aktuelles Forschungsprojekt unter Federführung der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) hat gezeigt, dass ein einzelner Eisen-Schwefel-Baustein direkt die reibungslose Funktion der Ribosomen – der Protein-Fabriken unserer Zellen – steuert. Diese Erkenntnis erweitert das Verständnis der Rolle von Metallionen bei der Proteinherstellung erheblich.

Metallionen sind essenzielle Bausteine des Lebens. Insbesondere Eisen-Ionen in sogenannten Eisen-Schwefel-Clustern spielen eine zentrale Rolle in Proteinen, die an wichtigen biologischen Prozessen wie der mitochondrialen Atmungskette oder dem Citratzyklus beteiligt sind.

Die Forschenden der RPTU um PD Dr. Daili Netz und Doktorandin Nadine Duppe konnten nun belegen, dass ein winziger Metallbaustein auch für die Proteinproduktion selbst entscheidend ist. Sie untersuchten das Protein Mak16, das eine Schlüsselrolle bei der Herstellung von Ribosomen einnimmt. Das Team stellte fest, dass Mak16 im Zuge des Ribosomen-Aufbaus nur dann stabil ist und korrekt mit seinem Partnerprotein Rpf1 zusammenarbeitet, wenn es den Eisen-Schwefel-Baustein [4Fe-4S] enthält. Dieser Cluster besteht aus vier Eisen- und vier Schwefel-Ionen in kubischer Anordnung. Fehlt dieser Baustein, bricht vereinfacht gesagt die Ribosomen-Produktion zusammen, und die Zelle kann keine neuen Proteine mehr herstellen.

Fehlt der Cluster, dann können die Ribosomen nicht richtig aufgebaut werden

„Mak16 trägt einen Eisen-Schwefel-Baustein in einer Tasche im Protein“, erklärt Daili Netz zum detaillierten Aufbau der Verbindung. „Diese Tasche besteht aus vier Aminosäuren, den Cysteinresten, die den Cluster festhalten und ihm helfen, stabil im Protein zu binden.“

Um die entscheidende Rolle des Eisen-Schwefel-Clusters für die Zusammenarbeit mit dem Protein Rpf1 nachzuweisen, stellte das Forschungsteam Mak16 gezielt in zwei Varianten her: eine „normale“ Form mit intakter Tasche und Cluster sowie eine veränderte Form, bei der die Tasche den Cluster nicht mehr halten konnte. Mittels Immunpräzipitation, einer Methode, die man sich als „Protein-Angeln“ vorstellen kann, demonstrierten die Forschenden, dass nur das Mak16 mit intakter Tasche und intaktem Cluster das Rpf1-Protein zuverlässig binden kann.

„Fehlt der Cluster, dann funktioniert die Bindung überhaupt nicht, es bildet sich kein Komplex“, erklärt Daili Netz – und ergänzt, mit Blick darauf, dass Ribosomen aus Proteinen und ribosomaler RNA (rRNA) bestehen: „Wir haben außerdem geschaut, ob die Ribosomen in Hefezellen korrekt zusammengebaut werden. Und konnten sehen, dass die Herstellung der rRNA und die Reifung der Ribosomen stark davon abhängt, ob Mak16 den Cluster trägt. Fehlt der Cluster, dann können die Ribosomen nicht richtig aufgebaut werden.“

Details über den Eisen-Schwefel-Baustein aufgeklärt

Die metallische Natur des Eisen-Schwefel-Clusters wurde unter der Leitung von Professor Antonio Pierik (Fachbereich Chemie der RPTU) mittels Elektronenspinresonanz (EPR) Spektroskopie nachgewiesen. Ergänzend dazu führten Professor Volker Schünemann (Fachbereich Physik der RPTU) und sein Doktorand Lukas Knauer Mössbauer-Analysen durch. Die Mössbauer-Spektroskopie, die man sich als eine Art superpräziser Eisen-Scanner vorstellen kann, ermöglichte es den Forschenden, hochspezialisiert zu analysieren, wie die Eisenbausteine in der Protein-Struktur gebunden sind.

Antonio Pierik erklärt zu den Hintergründen der Untersuchungen: „Mit EPR-Spektroskopie können wir die Eisen-Ionen sehen, weil sie ungepaarte Elektronen haben, die im Magnetfeld bei sehr niedrigen Temperaturen, einen Fingerabdruck erzeugen. Die Schwefel-Ionen selbst sieht man nicht direkt, aber sie beeinflussen die Eisen-Ionen so stark, dass man auch ihre Anwesenheit und Anordnung erkennen kann.“ EPR und Mössbauer-Analysen zeigen zusammenfassend, dass Mak16 einen [4Fe-4S]-Cluster enthält, der in zwei stabilen Zuständen vorkommt. Daili Netz: „So konnten wir verstehen, wie die Metallionen im Protein organisiert sind und wie Mak16 dadurch seine Aufgaben in der Zelle erfüllen kann.“

Eisen-Schwefel-Cluster: Doppelte Rolle bei der Ribosomen-Produktion

Eine weitere wichtige Erkenntnis der Forschenden ist die hohe Empfindlichkeit des [4Fe-4S]-Clusters gegenüber oxidativem Stress. Zerfällt der Cluster unter diesen Bedingungen, stoppt die Ribosomen-Produktion. Der Cluster fungiert demnach nicht nur als essenzieller Baustein, sondern auch als Sensor, der der Zelle signalisiert, wann die Proteinproduktion reduziert werden muss.

„Eisen-Schwefel-Cluster steuern zentrale Zellprozesse wie Stoffwechsel, DNA-Synthese und -Reparatur, Signalübertragung und enzymatische Funktionen und helfen den Zellen, auf Stress zu reagieren. Dass nun ein einzelner [4Fe-4S]-Cluster direkt den Aufbau von Ribosomen beeinflusst, gibt uns neue Einblicke in die Mechanismen der Proteinherstellung, erweitert unser Verständnis der Zellbiologie und erklärt, wie Störungen in diesen Prozessen zu Problemen bei der Proteinproduktion oder bei zellulären Stressreaktionen führen können“, stellt Daili Netz die Besonderheiten der aktuellen Forschungsergebnisse heraus.

Quelle

Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) (11/2025)

Publikation

Nadine Duppe, Lukas Knauer, Marc Hagebölling, Lena Langner, Martin Stümpfig, Volker Schünemann, Antonio J Pierik, Daili J Netz (2025): The function of Mak16 in ribosome biogenesis depends on its [4Fe-4S] cluster; PNAS; https://doi.org/10.1073/pnas.2513844122

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