Großbritannien stellt einen Fahrplan zum Ausstieg aus dem Tierversuch vor

18. November 2025

Die britische Regierung hat eine umfassende Strategie veröffentlicht, um den Einsatz von Tierversuchen in Forschung und Testung schneller zurückzufahren. Ziel dieser Roadmap ist die verstärkte Etablierung moderner, wissenschaftlich fundierter humanbasierter Methoden und die schrittweise Ablösung von Tierversuchen. Mit dieser Strategie unterstreicht Großbritannien seine Ambition, eine internationale Führungsrolle bei der Entwicklung tierversuchsfreier Testmethoden einzunehmen. Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche begrüßt diesen Schritt und kritisiert, dass Deutschland in dieser internationalen Entwicklung weit abgeschlagen ist.

Im Zentrum des britischen Fahrplans stehen neue technologische Ansätze wie Organ-on-a-Chip-Systeme, KI-gestützte Analysen und 3D-Bioprinting von menschlichem Gewebe, die künftig in der Forschung und der Prüfung von Chemikalien und Medikamenten stärker genutzt werden sollen. Die Roadmap benennt zudem konkrete Zeitziele: Bis Ende 2026 sollen Tierversuche zur Bewertung von Ha

Großbritanniens Plan: 86 Mio. Euro für tierversuchsfreie Forschung

Der umfassende Plan, gemeinsam vom britischen Wissenschafts-, Umwelt- und Innenministerium entwickelt, reagiert auf den wachsenden Bedarf von Forschung, Industrie und Tierschutz, tierversuchsfreie Prüfverfahren schnell auszubauen. Er sieht vor, den Austausch zwischen Forschung, Industrie und Behörden zu stärken, Standards zu definieren und die regulatorische Anerkennung neuer Verfahren zu erleichtern. Zudem sind spezifische Fortbildungsprogramme geplant, um tierversuchsfreie Methoden im wissenschaftlichen Nachwuchs besser zu verankern. Zur Beschleunigung von Innovation und Validierung stellt der Staat rund 60 Millionen britische Pfund (über 68 Mio. Euro) bereit, ergänzt durch weitere 15,9 Millionen Pfund (über 18 Mio. Euro) aus Forschungsförderprogrammen.

Mit dieser Roadmap setzt die britische Regierung ein deutliches Zeichen für den technologischen Wandel in den Biowissenschaften und reiht sich damit in die Liste der Länder (wie die USA, Australien, die Niederlande, Schweden und die EU), die bereits Ausstiegspläne für Tierversuche in Teilbereichen etabliert haben. Großbritannien erklärt dabei explizit das Ziel, führend im Bereich der innovativen tierversuchsfreien Forschung zu werden.

Konkrete Zeitziele sind gut – aber was ist mit der wissenschaftlichen Relevanz?

„Konkrete Jahreszahlen für das Ende bestimmter Tierversuche zu nennen, ist ein wegweisender Schritt“, kommentiert Dr. med. vet. Corina Gericke. „Andererseits sind dies Tests, die ohnehin nur einen winzigen Anteil an allen Tierversuchen haben. So machten die Haut- und Augenreizungstests in Großbritannien im letzten Jahr nur 0,1 % aus. Auch ist es zu wenig, die Verwendung von Hunden und Affen in bestimmten Bereichen nur reduzieren zu wollen.“ Der Verein Ärzte gegen Tierversuche kritisiert, dass die fehlende Übertragbarkeit von Tierversuchsergebnissen auf den Menschen in der britischen Strategie nicht als Haupttriebfeder für den angestrebten Wandel genannt wird.

Signal an Berlin: Britische Roadmap zeigt konkreten Weg aus dem Tierversuch

Trotz dieser Kritik fordert der Ärzteverein die Bundesregierung auf, den britischen Plan als Vorbild zu nehmen, da dieser einen konkreten Willen zum Wandel hin zu tierversuchsfreier und humanrelevanter Forschung demonstriere. Gericke befürchtet jedoch, dass mit der aktuellen Bundesregierung, die laut Koalitionsvertrag ein eigenes Tierversuchsgesetz schaffen will, Erleichterungen für die Genehmigung von Tierexperimenten drohen könnten. Nach Ansicht des Vereins Ärzte gegen Tierversuche wäre dies ein dramatischer Rückschritt für die humanrelevante Forschung, Patienten und Tiere.

Quelle

Ärzte gegen Tierversuche e.V. (11/2025)

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