Aus Rot wird Blau

4. Juni 2025

Ein Forschungsteam des Leibniz-IPHT und der Universität Leiden hat einen molekularen Sensor entwickelt, der künftig Prozesse tief im Gewebe sichtbar machen könnte, die bisher verborgen blieben. Die Grundlage dafür ist die Triplet-Triplet-Annihilation-Upconversion (TTA-UC) , ein optischer Mechanismus: Dabei absorbieren zwei Partnermoleküle rotes Licht, übertragen die Energie auf ein fluoreszierendes Molekül, welches daraufhin leuchtet. Auf diese Weise wird energiearmes rotes Licht in energiereiches blaues Licht umgewandelt. „Mit diesem neuen Sensor können wir Calcium-Ionen präzise und empfindlich detektieren, ohne die Nachteile herkömmlicher Methoden in Kauf nehmen zu müssen, wie zum Beispiel schwache Signale oder störende Hintergrundstrahlungen“, erklärt Dr. Tingxiang Yang.

Tiefenmessungen im Gewebe

Der menschliche Körper ist im Inneren dunkel, und herkömmliche fluoreszierende Sonden (die UV- oder Blaulicht benötigen) dringen kaum durch Gewebe. Im Gegensatz dazu kann rotes Licht mehrere Millimeter tief eindringen, ohne Zellprozesse zu stören. Der neu entwickelte Sensor nutzt genau dieses Prinzip: Er macht Calcium-Ionen auch in tieferen Zellschichten sichtbar und ermöglicht es so, bislang verborgene Prozesse zu beobachten.

Mit Licht in die Zelle blicken

Um den Mechanismus des Sensors zu verstehen und zu optimieren, nutzte Tingxiang Yang modernste spektroskopische Methoden am Leibniz-IPHT. Mithilfe von Absorptionsspektroskopie untersuchte sie, wie die Moleküle Licht aufnehmen. Die Fluoreszenzlebensdauer-Spektroskopie half bei der Analyse, wie lange das Molekül nach der Anregung Licht abstrahlt – ein Schlüsselhinweis zur Effizienz des Systems. Darüber hinaus konnte sie durch transiente Absorptionsspektroskopie den Energiefluss zwischen den Molekülen im Nanosekundenbereich direkt beobachten.

Von Jena in die Welt: LogicLab als Sprungbrett

Das internationale Promovierendenprogramm LogicLab ITN, in dessen Rahmen die Forschung durchgeführt wurde, wurde von der Europäischen Union gefördert. Es brachte Forschende aus verschiedenen Disziplinen zusammen, um neuartige molekulare Sensoren für die Biomedizin zu entwickeln. Ziel war es, intelligente molekulare Schalter zu entwerfen, die biologische Prozesse sichtbar machen können. Die Leitung des Projekts lag am Leibniz-IPHT, das nicht nur den wissenschaftlichen Rahmen koordinierte, sondern auch modernste Infrastruktur für die Forschung bereitstellte.

Für Tingxiang Yang war die interdisziplinäre Zusammenarbeit eine wichtige Erfahrung: „Die Zusammenarbeit mit Chemiker:innen, Physiker:innen und Biolog:innen aus ganz Europa hat mir neue Perspektiven eröffnet. Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, über die eigene Disziplin hinauszublicken.“ Auch Dr. Keshav Kumar Jha profitierte vom Forschungsumfeld: Während Yangs Arbeit neue Perspektiven für die optische Diagnostik eröffnete, untersuchte Jha am Leibniz-IPHT, wie sich ähnliche Lichtprozesse in Liposomen – winzigen Membranbläschen – nutzen lassen. Seine Forschung ergänzt das Projekt um wichtige Erkenntnisse zur molekularen Dynamik in biologischen Systemen.

Quelle

Leibniz-IPHT (04/2025)

Publikation

Andreeva, V. D. et al. (2024). Red-to-Blue Triplet–Triplet Annihilation Upconversion for Calcium Sensing. The Journal of Physical Chemistry Letters, 15(29), 7430–7435.
https://doi.org/10.1021/acs.jpclett.4c01528

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