Forschende der Technischen Universität München (TUM), von Helmholtz Munich und des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung erzielten einen Erfolg. Sie entschlüsselten die Genome von 33 Hafersorten. Dadurch konnten sie deren komplette genetische Vielfalt erfassen. Diese detaillierte genetische Übersicht ist entscheidend. Sie liefert Ansätze für die Zucht von robusteren und ertragreicheren Pflanzen. Denn Hafer leidet zunehmend unter den Folgen des Klimawandels.
Die uns heute bekannten Hafersorten stehen vor neuen Herausforderungen. Das gilt für viele Nutzpflanzen. Sie sind nicht an steigende Durchschnittstemperaturen angepasst. Auch die zunehmende Trockenheit und neu auftretende Pflanzenkrankheiten machen ihnen zu schaffen. Um Sorten züchten zu können, die den sich schnell verändernden Bedingungen gewachsen sind, ist genaues Wissen über ihre Genetik erforderlich. Dieses Wissen wird immer wichtiger.
Das Hafer-Pangenom
Die Wissenschaftler:innen der TUM, von Helmholtz Munich und des Leibniz-Instituts arbeiteten mit internationalen Partnern zusammen. Gemeinsam entschlüsselten sie das Pangenom von 33 Haferlinien. Ein Pangenom stellt die gesamte genetische Vielfalt der untersuchten Sorten dar. Es enthält nicht nur Gene, die in allen Pflanzen vorhanden sind. Es umfasst auch Gene, die nur in bestimmten Sorten vorkommen.
Genetische Vielfalt besser verstehen und nutzen
Das Forschungsteam sequenzierte und analysierte die Genome von Haferlinien aus zahlreichen Regionen der Welt. Nach Angaben der Forschenden bildet das erstellte Pangenom nun einen großen Teil der gesamten genetischen Hafer-Diversität ab. „Unsere Ergebnisse bilden ein Fundament, das uns helfen wird, zu verstehen, welche Gene für Ertrag, Klimaanpassung und Pflanzengesundheit wichtig sind“, erklärt Professorin Nadia Kamal die Bedeutung des Hafer-Pangenoms.
Für ihre Forschung untersuchten die Forschenden 26 kultivierte Sorten, darunter auch alte Sorten, sowie verschiedene wilde Hafersorten. Die Einbeziehung dieser alten und wilden Varianten war für das Team besonders wichtig. Moderne Zuchtsorten wurden nämlich primär auf einen hohen Ertrag hin optimiert. Dies ging teilweise zulasten anderer wünschenswerter Eigenschaften. Solche nützlichen Merkmale könnten in Zukunft entscheidend sein. Sie sind möglicherweise in den alten und wilden Sorten erhalten geblieben. Dort könnten sie den Hafer beispielsweise robuster gegen Trockenheit oder Krankheiten machen.
Verzeichnis der Gen-Aktivität
Das Team um Nadia Kamal untersuchte ebenfalls, wie Tausende von Genen im Hafer in verschiedenen Pflanzenteilen und Haferlinien aktiv sind. Diese Analyse zeigte, dass Hafer ein besonderes Potenzial zur Anpassung und Widerstandsfähigkeit besitzt. Die beobachteten Unterschiede in den Genexpressionsmustern spiegeln häufig die geografische Herkunft der Linien wider. Das deutet darauf hin, dass sich Haferpopulationen durch fein abgestimmte Genregulation an die jeweiligen Umweltbedingungen angepasst haben. Aufbauend auf dieser Erkenntnis erstellten die Forschenden ein Pantranskriptom von 23 der im Pangenom untersuchten Haferlinien. Dieses Pantranskriptom dient als Aktivitäts-Verzeichnis der Gene. „Die Kombination aus Pangenom und Pantranskriptom eröffnet neue Möglichkeiten, Haferlinien zu züchten, die sowohl ertragreich als auch an unterschiedliche Klimabedingungen angepasst sind“, sagt Prof. Manuel Spannagl von Helmholtz Munich.
„Hafer macht zwar im Vergleich zu Weizen, Reis und Mais einen kleineren Anteil am Markt aus, dennoch ist es wichtig, ihn in der Diskussion um klimaresilientes Getreide nicht aus dem Blick zu verlieren“, sagt Nadia Kamal. „Nicht nur ist es für unsere Gesundheit gut, eine große Bandbreite von Nahrungsmitteln zur Verfügung zu haben. Wir schaffen somit auch die Möglichkeit, etwaige Ernteausfälle anderer Arten zumindest teilweise ausgleichen zu können.“
Quelle
Technische Universität München (10/2025)
Publikation
Avni, R., Kamal, N., Bitz, L. et al.: A pangenome and pantranscriptome of hexaploid oat. Nature (2025). DOI: 10.1038/s41586-025-09676-7, https://www.nature.com/articles/s41586-025-09676-7