Licht in den Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und Stoffwechselstörungen bringt eine neue Studie der Universität Zürich (UZH) und des Universitätsspitals Zürich (USZ), durchgeführt von Professor Francesco Paneni und Professor Sanjay Rajagopalan. Die Forschungsergebnisse, die an Mäusen gewonnen wurden, belegen, dass eine langfristige Exposition gegenüber Feinstaub den gesunden Stoffwechsel beeinträchtigt
Feinstaub stört braunes Fettgewebe
Konkret stören die feinen Luftschadstoffe die normale Funktion des braunen Fettgewebes. Diese Dysfunktion kann weitreichende Folgen haben und zu Insulinresistenz sowie weiteren Stoffwechselerkrankungen führen. Die Ursache für diese Beeinträchtigungen sehen die Forscher in komplexen Veränderungen in der Genregulation. Die Studie verdichtet damit die Hinweise, dass Luftverschmutzung nicht nur Lunge und Herz schädigt, sondern auch eine bedeutende Rolle bei der Entstehung von metabolischen Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes und Insulinresistenz spielt.
Exposition mit konzentrierten winzigen Partikeln in der Luft
Die Wissenschaftler:innen konzentrierten sich in ihrer Studie darauf, wie sich eine langfristige Exposition gegenüber feinen Luftschadstoffen auf die Blutzuckerregulation und den gesunden Stoffwechsel auswirkt. Ihr Hauptaugenmerk lag dabei auf PM2.5, winzigen Luftpartikeln mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 Mikrometern, die tief in die Lunge gelangen können. Um die chronische Belastung des Menschen in städtischen Gebieten realistisch nachzubilden, wurden Labormäuse 24 Wochen lang an fünf Tagen pro Woche jeweils sechs Stunden lang entweder gefilterter Luft oder Luft mit konzentriertem PM2.5 ausgesetzt.
Im Mittelpunkt der Untersuchung stand das braune Fettgewebe, das eine Schlüsselrolle im Energiehaushalt und im Zuckerstoffwechsel spielt, indem es dem Körper hilft, Wärme zu erzeugen und Kalorien zu verbrennen. Nach etwa fünf Monaten zeigten die Mäuse, die PM2.5 eingeatmet hatten, deutliche Anzeichen eines gestörten Stoffwechsels. Dazu gehörte insbesondere eine beeinträchtigte Empfindlichkeit für Insulin. Parallel dazu stellten die Forscher fest, dass sich die Funktion des braunen Fettgewebes stark verändert hatte. „Gestört war insbesondere die Aktivität wichtiger Gene, die die Fähigkeit zur Wärmeproduktion, Fettverarbeitung und Bewältigung von oxidativem Stress regulieren. Diese Veränderungen gingen einher mit einer erhöhten Fettansammlung sowie Anzeichen von Gewebeschäden und einer krankhaften Vermehrung des Bindegewebes“, sagt Paneni.
Zwei Enzyme treiben epigenetische Veränderungen voran
Anschließend konzentrierte sich das Forscherteam auf die zugrunde liegenden Mechanismen dieser Stoffwechselstörung und entdeckte, dass die Luftverschmutzung erhebliche Veränderungen in der DNA-Regulation innerhalb der braunen Fettzellen auslöst. Die Wissenschaftler:innen konnten mehrere epigenetische Veränderungen identifizieren, welche die Funktion der Zellen beeinflussen, ohne dabei den eigentlichen genetischen Code zu verändern.Diese Veränderungen vollziehen sich auf zwei Hauptebenen: Einerseits zeigte sich eine veränderte DNA-Methylierung, bei der die Gene, welche den Fettstoffwechsel steuern, abweichende Muster bei den chemischen Markierungen – den sogenannten Methylgruppen – aufwiesen. Andererseits beobachteten die Forscher eine sogenannte Chromatin-Remodellierung: Die Zugänglichkeit bestimmter Gene war verändert, was zur ihrer Aktivierung oder Deaktivierung führte.
Als Schlüsselakteure in diesem Prozess identifizierten die Forschenden die beiden Enzyme HDAC9 und KDM2B. Diese Enzyme sind an der Modifizierung von Histonen beteiligt, den Proteinen, um die die DNA gewickelt ist. In den Mäusen, die den Luftschadstoffen ausgesetzt waren, binden HDAC9 und KDM2B an bestimmte DNA-Regionen in den braunen Fettzellen. Dies hat zur Folge, dass die chemischen Markierungen, die normalerweise die Genaktivität fördern, reduziert werden. „Wenn wir die beiden Enzyme experimentell unterdrückten, verbesserte sich die Funktion des braunen Fettgewebes. Erhöhten wir deren Aktivität, ging der normale Fettstoffwechsel weiter zurück“, so Paneni.
Neue Ansatzpunkte für Prävention oder Behandlung
Die Ergebnisse der Studie belegen, dass die langfristige Exposition gegenüber Feinstaub die normale Funktion des braunen Fettgewebes stört und dadurch die Stoffwechselgesundheit negativ beeinflussen kann. Verantwortlich dafür sind komplexe Veränderungen in der Genregulation, die über epigenetische Mechanismen gesteuert werden. „Unsere Ergebnisse helfen zu erklären, wie Umweltgifte wie PM2.5 zur Entwicklung von Insulinresistenz und Stoffwechselerkrankungen beitragen. Und sie weisen auf mögliche neue Ansatzpunkte für Prävention oder Behandlung hin“, sagt Francesco Paneni.
Quelle
Publikation
Rengasamy Palanivel, Jean-Eudes Dazard et al. Air pollution modulates brown adipose tissue function through epigenetic regulation by HDAC9 and KDM2B. JCI Insight. September 23, 2025. DOI: https://doi.org/10.1172/jci.insight.187023