Der menschliche Stoffwechsel ist so individuell wie ein Fingerabdruck, und damit auch das Risiko, bestimmte Krankheiten zu entwickeln. Ein tieferes Verständnis der genetischen Einflüsse auf den Stoffwechsel könnte den Weg für neue Therapieoptionen ebnen. Forscher:innen des Berlin Institute of Health in der Charité (BIH) und der Queen Mary University London (QMUL) haben nun die bisher größte genetische Karte des menschlichen Stoffwechsels erstellt. Sie untersuchten dabei, welche Auswirkungen unser genetischer Code auf Blutwerte – wie Cholesterin und Aminosäuren – hat.Text
Unser Blut liefert wichtige Aufschlüsse über unseren Gesundheitszustand. Die Menge der im Blut enthaltenen Metaboliten (Moleküle, die als Zwischen- oder Abbauprodukte des Stoffwechsels entstehen) kann auf akute und zukünftige Krankheiten hinweisen. Ein klassisches Beispiel ist der Cholesterinspiegel: Ein zu hoher Wert kann dazu führen, dass sich das Blutfett Cholesterin in den Arterienwänden ablagert. Das verengt die Gefäße und erhöht das Risiko für einen Schlaganfall oder Herzinfarkt.
Zwar können wir unseren Cholesterinspiegel oder Blutzucker maßgeblich durch unseren Lebensstil beeinflussen – etwa durch Ernährung, Rauchverhalten und Bewegung. Doch selbst ein gesunder Lebensstil kann in seltenen Fällen einen zu hohen Cholesterinspiegel nicht vollständig verhindern. Die zentrale Frage, die die Wissenschaftler:innen des BIH und der QMUL nun untersucht haben, ist daher: Welchen genauen Einfluss hat unsere genetische Veranlagung auf unsere Blutwerte?
Genanalyse durch Zusammenarbeit von Wissenschaft und Industrie
Die Forscher:innen nutzten Daten von einer halben Million Personen aus der UK Biobank und arbeiteten dabei mit dem Industriepartner Nightingale Health Plc zusammen. Ihr Ziel war es, die Auswirkungen verschiedener Genvarianten auf die Konzentration von 250 Molekülen im Blut zu untersuchen. Dafür kombinierten sie die genetischen Daten von Menschen europäischer, asiatischer und afrikanischer Herkunft aus Großbritannien mit detaillierten Messungen ihres Stoffwechsels. „Unsere Arbeit zeigt, wie wichtig Kollaborationen zwischen Wissenschaft und Industrie sind, denn erst Nightingale Health ermöglichte die Messung aller 500.000 Blutproben. Dieser Umfang und das Engagement sind erforderlich, um seltene genetische Variationen, die den Unterschieden im menschlichen Stoffwechsel und in der Gesundheit zugrunde liegen, zuverlässig zu identifizieren“, sagt die leitende Autorin der Studie, Claudia Langenberg.
Die Arbeit resultierte in einer umfangreichen genetischen Karte des menschlichen Stoffwechsels. Ein wichtiges Ergebnis war, dass die Auswirkungen der genetischen Variationen auf den Stoffwechsel verallgemeinerbar sind. Die Effekte waren bei Frauen und Männern sowie bei Teilnehmenden verschiedener Herkunft ähnlich.
Dank Genetik zu besserer Prävention von Herzerkrankungen
„Die genetische Kartierung des Stoffwechsels liefert eine wichtige Referenz, um das Krankheitsrisiko aufgrund bestimmter Blutwerte noch besser zu verstehen“, sagt Erstautor Martijn Zoodsma. Auf Basis dieser Daten gelang es den Forscher:innen, ein neues Gen namens VEGFA zu identifizieren, welches möglicherweise Aspekte der dichteren Form von Cholesterin (HDL) steuert. Dieses Gen könnte einen vielversprechenden Ansatzpunkt für die Entwicklung neuer Medikamente bieten, die zur Vorbeugung von Herzerkrankungen eingesetzt werden könnten. „Die Entwicklung von Medikamenten zur Senkung von erhöhten Blutfettwerten hat schon Millionen Menschen das Leben gerettet, doch noch immer sind koronare Herzerkrankungen als Folge zu hoher Blutfettwerte eine der häufigsten Todesursachen. Unsere Erkenntnisse zeigen hoffentlich neue Wege zu besserer Prävention“ ergänzt Maik Pietzner. Auf diesem Weg ist die Studie ein weiterer wichtiger Schritt.
Quelle
Berlin Institute of Health in der Charité (BIH) (10/2025)
Publikation
Zoodsma, M. et al. A genetic map of human metabolism across the allele frequency spectrum; Nature Genetics; 03 Oct 2025, doi. 10.1038/s41588-025-02355-3
https://www.nature.com/articles/s41588-025-02355-3