Ein Team aus der Arbeitsgruppe Felderhoff am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung (MPI) hat nun einen bedeutenden Fortschritt in Richtung einer umweltfreundlichen Produktion von Ibuprofen-Co-Kristallen erzielt, indem es eine Trommelmühle einsetzte. Arzneimittel bestehen aus Stoffgemischen, die neben dem Wirkstoff (API) auch andere Substanzen enthalten, die die Eigenschaften des Medikaments hinsichtlich Wirksamkeit, Herstellung und Anwendung beeinflussen. Ibuprofen ist beispielsweise hitzeempfindlich und schlecht wasserlöslich, was seine Aufnahme im Körper erschwert. Um die Wasserlöslichkeit und damit die Wirkung zu verbessern, wird Ibuprofen mit einem Partnerstoff wie Nicotinamid zu einem sogenannten Co-Kristall kombiniert, der die gewünschten Eigenschaften mitbringt.
Die Arbeitsgruppe von Dr. Michael Felderhoff hat nun eine neue mechanochemische Methode entwickelt, um den Ibuprofen-Co-Kristall rac-Ibuprofen:Nicotamid effizient, nachhaltig und im großen Maßstab herzustellen. Die von Dr. Jan-Hendrik Schöbel geleitete Studie ist Teil des Projekts IMPACTIVE und nutzte eine industrielle Trommelmühle für die Untersuchungen.
Jan-Hendrik Schöbel erzählt: "Die Möglichkeiten der Herstellung von rac-Ibuprofen:Nicotinamid in sogenannten Exzenter-Schwingmühlen waren uns bekannt und Ausgangspunkt unserer Forschungen. Wir wollten eine weitere Skalierung testen und herausfinden, ob der Co-Kristall in Trommelmühlen in einer größeren Menge effizient hergestellt werden kann. Trommelmühlen haben eine deutlich höhere Kapazität und eine bessere Energieeffizienz. Außerdem sind sie in vielen Industriebetrieben ohnehin vorhanden und werden bisher nur nicht für die Herstellung von Co-Kristallen und anderen Pharmazeutika genutzt.", so Schöbel.
Prinzip Trommelmühle: Wie eine Waschmaschine, die im richtigen Gang gute Ergebnisse erzielte
Trommelmühlen werden in der Industrie zur Vermahlung von Granulaten und Pulvern eingesetzt, wobei ihr Wirkungsprinzip dem einer Waschmaschine ähnelt – anstelle von Wasser werden Stahlkugeln verwendet, um Trockenmasse zu bewegen. In einem neuen Verfahren, das von Forschenden vorgestellt wurde, erwies sich die Methode des Liquid-Assisted-Grinding (LAG) als besonders effektiv. Dabei wurden Ibuprofen und Nicotinamid mit einer geringen Menge an Lösungsmitteln und Edelstahlkugeln gemahlen. Mit optimalen Parametern konnte der Co-Kristall innerhalb von nur 90 Minuten mit einer Ausbeute von 99 % synthetisiert werden, was diese Methode schneller und ressourcenschonender macht als die traditionelle Synthese mit Lösemitteln. Zudem überzeugte die Qualität des Endprodukts durch hohe Reinheit und Stabilität, während Metallbelastungen aus dem Mahlprozess minimal blieben und unter den gesetzlichen Grenzwerten lagen. Insgesamt konnten mehr als 3 kg des Co-Kristalls hergestellt werden."Wir sind der Meinung, dass die Trommelmühlen-Technik großes Potenzial hat. Sie könnte die industrielle Herstellung von Co-Kristallen und anderen Arzneimitteln beschleunigen und umweltfreundlicher gestalten. ", meint Jan-Hendrik Schöbel. Die Studie habe den Erfolg im Kilogramm-Maßstab demonstiert und nun bestehe die Möglichkeit, das mechanochemische Mahlen in der Trommelmühle für weitere Wirkstoffsynthesen zu evaluieren.
Den ganzen Artikel finden Sie unter:
https://www.kofo.mpg.de/1004284/2025-01-24_Ibuprofen
Quelle: Max-Planck-Instituts für Kohlenforschung (MPI) (01/2025)
Publikation:
Link zur Publikation: Jan-Hendrik Schöbel et al, Mechanochemical kilogram-scale synthesis of rac-ibuprofen:nicotinamide co-crystals using a drum mill, RSC Mechanochemistry (2024). DOI: 10.1039/D4MR00096J
https://pubs.rsc.org/en/content/articlelanding/2025/mr/d4mr00096j