Banner
Banner
Banner
Banner

Volltextsuche

Mittwoch, den 05. Februar 2025 um 04:10 Uhr

Corona ohne Symptome bei Fledermäusen duch genetische Anpassungen

Fledermäuse besitzen die Fähigkeit, Corona- und andere Viren zu tolerieren, ohne selbst zu erkranken. Diese Eigenschaft ist auf spezielle Anpassungen ihres Immunsystems zurückzuführen. Im Rahmen des "Bat1K"-Projekts hat ein internationales Forschungsteam nun hochqualitative Genome von Fledermäusen erstellt, um diese Anpassungen zu untersuchen. Die Studie zeigt, dass Fledermäuse im Vergleich zu anderen Säugetieren eine größere Anzahl genetischer Anpassungen in ihren Immun-Genen aufweisen. Die Ergebnisse könnten dazu beitragen, neue medizinische Ansätze zur Bekämpfung von Viruserkrankungen zu entwickeln.

Fledermäuse sind aufgrund ihrer einzigartigen Eigenschaften faszinierend. Als die einzigen flugfähigen Säugetiere spielen sie eine bedeutende Rolle im Ökosystem: Sie bestäuben Pflanzen, verbreiten Samen und tragen durch ihre Fressgewohnheiten zum Gleichgewicht der Insektenpopulation bei. Ihre außergewöhnliche Orientierung mittels Ultraschall-Echoortung macht sie zudem perfekt für ihre nächtliche Lebensweise geeignet. "Darüber hinaus sind Fledermäuse auch für die medizinische Forschung von großem Interesse: Die Analyse ihres Immunsystems und ihrer einzigartigen Virentoleranz kann wertvolle Erkenntnisse für die Entwicklung neuer Therapien und Medikamente liefern", erklärt Prof. Dr. Michael Hiller, Sprecher des ehemaligen hessischen LOEWE-Zentrums für Translationale Biodiversitätsgenomik sowie Professor für Vergleichende Genomik an der Goethe-Universität und am Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt, und fährt fort: "Sie sind außerdem bekannt dafür, zahlreiche Viren in sich zu tragen, darunter auch solche, die auf den Menschen übertragbar sind – wie Coronaviren. Interessanterweise zeigen Fledermäuse bei Infektionen mit solchen Viren aber keine Krankheitssymptome."

Hiller hat gemeinsam mit einem internationalen Forschungsteam im Rahmen des "Bat1K"-Projekts hochqualitative Genome von zehn Fledermausarten sequenziert, darunter Arten, die als Träger von Corona- und anderen Viren bekannt sind. "Die Fähigkeit von Fledermäusen virale Infektionen zu kontrollieren und dabei nicht krank zu werden, sind vermutlich auf besondere Anpassungen ihres Immunsystems zurückzuführen. Um festzustellen, welche Gene daran beteiligt sind, haben wir unter Verwendung der neuen Fledermausgenome insgesamt 115 Genome anderer Säugetiere analysiert und deren Gene systematisch nach Anzeichen von genetischen Anpassungen durchsucht", erläutert Hiller. Solche Anpassungen lassen sich als Spuren von positiver Selektion nachweisen und können auf Funktionsänderungen hindeuten.

Das Ergebnis der umfangreichen Analyse zeigt, dass Fledermäuse im Vergleich zu anderen Säugetieren deutlich häufiger derartige Anpassungen in Immun-Genen aufweisen. Dr. Ariadna Morales, Erstautorin der Studie, ehemals LOEWE-TBG und heute Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt, betont: "Unsere Untersuchungen zeigen, dass der gemeinsame Vorfahre aller Fledermäuse eine unerwartet hohe Anzahl von Immun-Genen mit Selektionssignaturen aufweist. Dies deutet darauf hin, dass die Evolution des Fledermaus-Immunsystems eng mit der Entwicklung der Flugfähigkeit verbunden sein könnte."

Das Forschenden konzentrierten sich besonders auf das Gen ISG15, das beim Menschen mit schweren COVID-19-Verläufen in Verbindung gebracht wird. Bei den untersuchten Fledermäusen entdeckten sie bedeutende Änderungen in der Proteinsequenz dieses Gens. Experimente, die von Prof. Dr. Aaron Irving von der Zhejiang University School of Medicine in China und Prof. Dr. Arinjay Banerjee von der University of Saskatchewan in Kanada durchgeführt wurden, zeigten, dass das ISG15-Gen einiger Fledermäuse die Produktion von SARS-CoV-2-Viren um 80 bis 90 Prozent reduzieren kann. Im Gegensatz dazu weist das menschliche ISG15-Gen in diesem Experiment kaum antivirale Wirkung auf.

"Das Gen ISG15 ist also vermutlich einer von mehreren Faktoren, die zur Viruserkrankungsresistenz bei Fledermäusen beitragen", fasst Hiller zusammen und weiter: "Auf diesen vielversprechenden Resultaten lassen sich weitere experimentelle Untersuchungen aufbauen, die notwendig sind, um die einzigartigen Anpassungen des Fledermaus-Immunsystems zu entschlüsseln."

Die Studie zeigt das Potenzial, neue Erkenntnisse für den Umgang mit viralen Erkrankungen durch die Erforschung von Fledermaus-Genomen zu gewinnen. Zusammen mit anderen "Bat1K"-Forschenden wird sich Hiller dieser Frage im Rahmen eines ERC Synergy Grant widmen. Die Ergebnisse könnten langfristig zu innovativen Strategien in der Medizin führen.


Den ganzen Artikel finden Sie unter:

https://www.senckenberg.de/de/pressemeldungen/fledermaeuse-corona-ohne-symptome/

Quelle: Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (01/2025)


Publikation:
Ariadna E. Morales et. al. (2025): Bat genomes illuminate adaptations to viral tolerance and disease resistance. https://www.nature.com/articles/s41586-024-08471-0

Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu.
Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.