Retrotransposonen sind mobile genetische Elemente, die sich im Wirtsgenom bewegen, indem sie ihre RNA in DNA umwandeln. Spoink verbreitete sich laut den Forschern in den 1980er Jahren in Drosophila melanogaster, während Shellder und Spoink in den 1990er Jahren in D. simulans eindrangen. Nach einer möglichen Hybridisierung infizierte D. simulans nach 1995 auch die endemischen Inselarten D. mauritiana (Mauritius) und D. sechellia (Seychellen) mit diesen Elementen. Zudem infizierte Shellder zur gleichen Zeit D. teissieri, eine Art aus Afrika südlich der Sahara.
Von Menschen verursacht: Amerikanische Drosophila-Arten als Überträger identifiziert
Die Forschenden stellten fest, dass Shellder und Spoink wahrscheinlich von amerikanischen Drosophila-Arten aus den Gruppen willistoni, cardini und repleta stammen. "Die von uns beschriebene Kaskade von TE-Invasionen konnte also erst möglich werden, nachdem D. melanogaster und D. simulans ihr Verbreitungsgebiet vor rund 200 Jahren auf den amerikanischen Kontinent ausgedehnt hatten, höchstwahrscheinlich unterstützt durch menschliche Aktivitäten", erklären Almorò Scarpa und Riccardo Pianezza, die Erstautoren der Studie.Die Primaten-Art Mensch beeinflusst Genomaktivitäten anderer Arten
Robert Kofler, der Projektleiter der Studie, hebt hervor, dass der menschliche Einfluss auf die Evolution über die unmittelbaren Ergebnisse der Forschung hinausgeht.: "Unsere Arbeit zeigt, dass Kaskaden von TE-Invasionen, die wahrscheinlich mit der Ausweitung des Verbreitungsgebiets durch den Menschen ausgelöst wurden, einen Einfluss auf die genomische und phänotypische Evolution geografisch verstreuter Arten haben könnten."Dieser Erkenntnis zufolge könnten TE innerhalb von nur wenigen Jahrzehnten in viele Arten eindringen, auch in endemische Inselarten, deren Verbreitungsgebiet sehr weit vom Ursprung der TE entfernt ist.
Der Mensch verändert seit langem die Evolution – und begünstigt damit die Mobilität von Infektionserregern
Menschliche Aktivitäten haben seit langem den Evolutionsverlauf verschiedener Arten beeinflusst, insbesondere durch die Verbreitung von Organismen über Kontinente und Ökosysteme. Der Klimawandel stört zudem die natürlichen Lebensräume, wodurch viele Arten gezwungen sind, ihr Verbreitungsgebiet zu erweitern oder sich in Richtung der Pole zu bewegen, um günstigere Bedingungen zu finden. Diese neue Mobilität betrifft auch Krankheitserreger; so können beispielsweise Erreger von Kulturpflanzen weltweit verbreitet werden und dadurch mit zahlreichen neuen lokalen Arten in Kontakt treten. Darüber hinaus führt der Verlust von Lebensräumen und der zunehmende Kontakt zwischen Menschen und Wildtieren zu zusätzlichen Möglichkeiten für die Ausbreitung von Krankheiten.Riskante Entwicklung, auch für den Menschen eiine Herausforderung
Intragenomische Eindringlinge, zu denen transponierbare Elemente (TE) zählen, sind von dieser Dynamik laut den Forscher:innen möglicherweise nicht ausgenommen. "Wenn sich die Verteilung der Arten ändert und der Mensch Organismen um den Planeten transportiert, könnte er auch selbst mit neuen genomischen Eindringlingen wie TEs in Kontakt kommen", erklären Scarpa und Pianezza.Den Artikel finden Sie unter:
https://www.vetmeduni.ac.at/universitaet/infoservice/presseinformationen/presse/genom-invasoren-shellder-und-spoink-von-menschen-gemachter-double-trouble
Quelle: Veterinärmedizinische Universität Wien (01/2025)
Publikation:
"Double trouble: two retrotransposons triggered a cascade of invasions in Drosophila species within the last 50 years" von Almorò Scarpa, Riccardo Pianezza, Hannah R. Gellert, Anna Haider, Bernard Y. Kim, Eric C. Lai, Robert Kofler und Sarah Signor wurde in "Nature Communications" veröffentlicht.
https://www.nature.com/articles/s41467-024-55779-6