Forschende haben lange versucht, den Mechanismus der Wasserspaltung durch Kohlenstoffnitrid-Katalysatoren zu verstehen. Dr. Paolo Giusto und sein Team konnten nun die Wechselwirkungen an der Grenzfläche zwischen Kohlenstoffnitrid und Wasser detailliert erfassen. Sie dokumentierten den Transfer von Protonen und Elektronen aus dem Wasser in den Katalysator unter Lichteinfluss.
Diese Entdeckung ist entscheidend für die Optimierung von Katalysatormaterialien zur effizienten Erzeugung von grünem Wasserstoff, einer nachhaltigen Lösung für erneuerbare Energien. Kohlenstoffnitrid-Katalysatoren spalten mithilfe von Licht Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff, wobei letzterer als vielversprechender erneuerbarer Energieträger gilt. Die Forschenden haben es erstmals geschafft, jeden Schritt dieser komplexen Reaktion zu beobachten, die in den letzten Jahren intensiv untersucht, aber wenig verstanden wurde. "Das geht über die Beantwortung einer langjährigen Frage der Grundlagenforschung hinaus", betont der Studienleiter Dr. Paolo Giusto vom Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung. "Die Erkenntnis, wie Wassermoleküle unter Lichteinfluss mit Kohlenstoffnitriden interagieren, liefert zentrale Einsichten für die Weiterentwicklung grüner Energietechnologien."
Der Schlüssel zur Lösung des wissenschaftlichen Rätsels liegt in den komplexen Prozessen, die ablaufen, wenn Wasser an der Oberfläche von Kohlenstoffnitrid haftet. Bisher erschwerten die unterschiedlichen Zeitskalen der beteiligten Reaktionen ein vollständiges Verständnis, sodass Forschende auf theoretische Berechnungen und rückblickende Experimente angewiesen waren. Mit modernen spektroskopischen Techniken ist es Dr. Giusto und seinem Team gelungen, die Dynamik des Kohlenstoffnitrids in Echtzeit zu beobachten. Die entscheidenden Vorgänge finden an der Grenzfläche zwischen dem festen Kohlenstoffnitrid und den flüssigen Wassermolekülen statt, wobei das Kohlenstoffnitrid Elektronendichte auf die Wassermoleküle überträgt und so ein Hybridsystem bildet. "Ab diesem Punkt verhalten sich Wasser und Katalysator wie ein neues, gemeinsames hybrides Halbleitersystem. Es ist, als würden sie sich zu einem Team zusammenschließen, dessen Eigenschaften sich von denen der einzelnen Elemente deutlich unterscheiden", erläutert Dr. Sonia Żółtowska.
Der Partikeltransfer erzeugt ein Ungleichgewicht, das weitere Reaktionen auslöst und die chemischen Bindungen des Wassers schwächt. Kohlenstoffnitrid absorbiert Licht und nutzt dessen Energie, um die Wassermoleküle weiter zu destabilisieren, wobei ein protonengekoppelter Elektronentransfer stattfindet. "Das bedeutet, dass ein positiv geladenes Proton und ein negativ geladenes Elektron gleichzeitig vom Wasser auf den Katalysator übertragen werden", erklärt Dr. Daniel Cruz vom Fritz-Haber-Institut. Die Entdeckung einer Zwischenverbindung stellt das fehlende Puzzlestück der künstlichen Photosynthese dar, da das Team den Mechanismus zur Aufspaltung von Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff in Echtzeit aufzeichnen konnte.
Diese Erkenntnis im Bereich der Oberflächenchemie hat weitreichende Auswirkungen auf die Entwicklung nachhaltiger Energielösungen. Obwohl der großflächige Einsatz von Wasserstoff als Alternative zu fossilen Brennstoffen noch in der Zukunft liegt, liefert dieses Forschungsergebnis wertvolle Informationen zur Optimierung von Katalysatoren und bringt uns der effizienten Wasserstoffproduktion durch Wasserspaltung einen entscheidenden Schritt näher.
Den Artikel finden Sie unter:
https://www.mpikg.mpg.de/6857952/kuenstliche-photosynthese-entschluesselt?c=44858
Quelle: Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung (01/2025)
Publikation:
Daniel Cruz, Sonia Żółtowska, Oleksandr Savateev, Markus Antonietti, Paolo Giusto
Carbon nitride caught in the act of artificial photosynthesis
(Nature Communications, 2025)
https://www.nature.com/articles/s41467-024-55518-x
Dienstag, den 28. Januar 2025 um 04:19 Uhr