Antibiotika sind ein zweischneidiges Schwert, da sie krankmachende Bakterien bekämpfen sollen, ohne die menschlichen Zellen zu schädigen. Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung des Helmholtz-Instituts für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) hat nun Wirkstoffkandidaten entwickelt, die genau dies erreichen. Die neuen Moleküle zielen auf einen Stoffwechselweg ab, der ausschließlich in bakteriellen Zellen vorkommt, wodurch humane Zellen geschont werden.
Bakterielle Zellen unterscheiden sich grundlegend von tierischen und menschlichen Zellen, insbesondere durch ihre stabilen Zellwände. Wirkstoffe, die in den Aufbau der Zellwand eingreifen, betreffen daher nur bakterielle Zellen. Das Forschungsteam unter Prof. Anna Hirsch hat den Methylerythritol-Phosphatweg (MEP-Weg) untersucht, einen bislang pharmazeutisch ungenutzten Unterschied zwischen Bakterien und Menschen, um neue Antibiotika zu entwickeln.
Der MEP-Weg ist ein wesentlicher Bestandteil des Energiestoffwechsels mehrerer Bakterien, einschließlich des Krankenhauskeims Pseudomonas aeruginosa. Wenn dieser Weg in Bakterien blockiert wird, beispielsweise durch einen Wirkstoff, können sie lebenswichtige Naturstoffe nicht mehr produzieren und sterben ab. Da der MEP-Weg in humanen Zellen nicht vorhanden ist, wären diese von dem Wirkstoff nicht betroffen. Im Rahmen eines von der Europäischen Union geförderten Konsortiums hat das Team von Prof. Anna Hirsch zusammen mit Franck Borel (Universität Grenoble) die einzelnen Schritte des MEP-Wegs detailliert analysiert, wobei das Enzym IspD im Fokus stand, das für den dritten Schritt verantwortlich ist. Den Forschenden gelang es erstmals, die Kristallstruktur von IspD aus P. aeruginosa zu lösen, was tiefere Einblicke in dessen strukturellen Aufbau ermöglichte. Diese Informationen erlaubten es dem Team, gezielt zu untersuchen, wie ein spezifisches chemisches Fragment an das Enzym bindet und optimierte Derivate zu entwickeln, die besser an die Bindetasche des Enzyms binden.
„Die von uns synthetisierten Fragmente binden hervorragend an ihr Zielprotein IspD und auch ihre weiteren pharmazeutischen Eigenschaften bieten eine vielversprechende Grundlage für die Entwicklung neuer Wirkstoffe“, sagt Eleonora Diamanti. Hirsch sagt: „Was die neu entwickelten Moleküle so besonders macht, ist, dass sie mit IspD ein Ziel adressieren, das bislang noch von keinem auf dem Markt erhältlichen Medikament genutzt wird. Nur so können wir gewährleisten, dass ein potenzielles neues Antibiotikum auch gegen die Krankheitserreger wirkt, die bereits gegen die meisten herkömmlichen Wirkstoffe resistent geworden sind.“
Prof. Hirsch und ihr Team arbeiten derzeit an der Weiterentwicklung der neuen Moleküle und kooperieren eng mit dem geplanten Exzellenzcluster nextAID³, in dem ebenfalls wenig erforschte Zielstrukturen wie IspD eine wichtige Rolle spielen sollen. Die nächsten Schritte umfassen Wirksamkeitsstudien an Bakterien sowie die Optimierung der Wirksamkeit und weiterer pharmazeutischer Parameter.
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Quelle: Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (01/2025)
Publikation:
Daan Willocx, Lucia D'Auria, Danica Walsh, Hugo Scherer, Alaa Alhayek, Mostafa M. Hamed, Franck Borel, Eleonora Diamanti, Anna K. H. Hirsch. Fragment Discovery by X-Ray Crystallographic Screening Targeting the CTP Binding Site of Pseudomonas Aeruginosa IspD. Angewandte Chemie (2025) DOI: 10.1002/anie.202414615
https://doi.org/10.1002/anie.202414615
Mittwoch, den 15. Januar 2025 um 04:56 Uhr