Die Vorfahren der heutigen Schnecken, Insekten, Würmer, Muscheln,
Krebse, Seesterne, Wirbeltiere und letztlich auch des Menschens – die
„kambrische Explosion“ war der Startpunkt für das moderne Leben aus der
Erde.
„Wir konnten nun ein exaktes Zeitfenster für den Start dieses
Ereignisses festlegen“, erklären Prof. Dr. Ulf Linnemann, Direktor der
Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen in Dresden sowie Dr. Maria
Ovtcharova und Prof. Dr. Urs Schaltegger von der Geochronologie-Gruppe
der Universität Genf und fahren fort: „Die von uns durchgeführten
Uran-Blei-Datierungen zeigen, dass sich die Vielfalt des Lebens auf
unserem Planeten ab einem Startpunkt vor genau 538,8 Millionen Jahren
entwickelte.“
Das internationale Forscherteam hat in Süd-Namibia datierbare Minerale
aus mehreren vulkanischen Aschenlagen mit der Uran-Blei-Methode datiert.
Hierbei wird die radioaktive Zerfallsreihe von Uran im Mineral Zirkon
verwendet, um die Entstehung des Gesteins zeitlich festzulegen. „Wir
haben die Proben an der Grenze zwischen Präkambrium und Kambrium
genommen – die beiden Erdzeitalter lassen sich gut durch die dort
vorhandenen Fossilien unterscheiden“, erklärt Linnemann und fährt fort:
„Unsere sehr präzise Datierung zeigt, dass die ‚kambrische Explosion’
etwa 2 Millionen Jahre später stattfand, als wir bisher angenommen
haben.“
Die Datenreihen der Wissenschaftler offenbaren zudem, dass die
Entwicklung der Tierwelt in einem sehr kurzen Zeitraum vollzogen wurde:
Der Übergang von den „Ediacara-Biota“ – vielzellige, aber sehr einfache
Organismen – zu den vielgestaltigen kambrischen Lebensformen vollzog
sich in weniger als 410.000 Jahren. „Das ist aus geologischer Sicht ein
echter Sprint“, so das Wissenschaftlerteam. Dieser rasante
Faunen-Wechsel sei laut der aktuellen Studie am besten durch eine Art
„biologisches Wettrüsten“ zu erklären: Neue grundlegende Eigenschaften
beschleunigten die weitere Evolution und trieben zum nächsten „adaptiven
Durchbruch“ an. „Wenn die Organismen beispielsweise beweglicher wurden
und sich räuberisch ernährten, mussten sich die bisher noch
unbeweglicheren Tiere etwas zum Schutz ‚einfallen lassen’ – so könnten
in kurzer Zeit Schalen oder Skelette entstanden sein. Eine
Errungenschaft bedingte demnach die nächste – und dies, aus der
Notwendigkeit heraus, in verkürzter Zeit“, fasst Linnemann die These
zusammen.
Den ganzen Artikel finden Sie unter:
https://idw-online.de/de/news?id=707786
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft e. V. / Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen (12/2024)
Publikation:
Linnemann, U. , Ovtcharova, M. , Schaltegger, U. , Gärtner, A. , Hautmann, M. , Geyer, G. , Vickers‐Rich, P. , Rich, T. , Plessen, B. , Hofmann, M. , Zieger, J. , Krause, R. , Kriesfeld, L. and Smith, J. (2018), New high‐resolution age data from the Ediacaran–Cambrian boundary indicate rapid, ecologically driven onset of the Cambrian explosion. Terra Nova. doi:10.1111/ter.12368
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/ter.12368