Molekulare Sonden zum Nachweis von Krankheitserregern in klinischen Proben |
Der diagnostische Nachweis von bakteriellen Krankheitserregern in klinischen Proben ist eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche antimikrobielle Behandlung. Ein Team des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig, des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) und der Tel Aviv University, Israel, hat nun molekulare Sonden entwickelt, die verschiedene Bakterienspezies hochsensitiv nachweisen können. Bakterielle Zellen aktivieren die Sonden und bringen sie zum Leuchten. Dieses Signal ermöglicht den Erregernachweis direkt in klinischen Proben.
In Anbetracht der steigenden Gefahr durch Antibiotikaresistenzen
sollten Erkrankungen nicht auf Verdacht mit Antibiotika behandelt
werden. Zum verantwortungsvollen Einsatz von Antibiotika gehört daher
der vorhergehende Nachweis, dass tatsächlich eine bakterielle Infektion
vorliegt. Mikrobiologische Methoden, bei denen die Erreger auf
Nährmedien angezüchtet werden, nehmen jedoch viel Zeit in Anspruch und
gelingen oft nicht, wenn Patient:innen beispielsweise bereits mit
Antibiotika behandelt wurden. Daher ist eine verbesserte Diagnostik ein
wichtiges Element im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen.
Dazu
will ein Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Mark Brönstrup vom
Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) nun mit neuartigen
Sonden beitragen. Die Forscher:innen machen sich eine Molekülklasse zu
eigen, mit der Bakterien eisenhaltige Verbindungen aufnehmen – die
Siderophore. „Eisen ist im Körper ein knappes Gut. Daher nehmen
Bakterien auch Siderophore auf, die chemisch nicht genau denen
entsprechen, die sie selber herstellen“, sagt Carsten Peukert, Doktorand
in der Abteilung „Chemische Biologie“ am HZI und Erstautor der Studie.
„Das prädestiniert Siderophore für den Einsatz als molekulare
trojanische Pferde.“ An die Siderophore koppelten die Forscher:innen ein
Molekül der Gruppe Dioxetane. Mit Dioxetanen verwandte Moleküle sind
auch in Glühwürmchen für das charakteristische Leuchten verantwortlich.
Eine externe Lichtquelle ist dafür nicht notwendig. Damit die Sonden
jedoch nur spezifisch in Bakterien leuchten, integrierten die
Forscher:innen einen molekularen Lichtschalter. Dieser wird betätigt,
wenn Bakterien die Sonden in ihrem Zellinneren enzymatisch spalten.
Das
Forschungsteam kann mit seiner Sonde alle ESKAPE-Pathogene nachweisen.
Der Begriff fasst die Erreger Enterococcus faecium, Staphylococcus
aureus, Klebsiella pneumoniae, Acinetobacter baumannii, Pseudomonas
aeruginosa und Enterobacter-Spezies zusammen. Diese Erreger gelten als
typische Vertreter der Krankenhauskeime und sind besonders häufig
resistent gegen Antibiotika. „Besonders gramnegative Bakterien wie
Pseudomonaden oder Klebsiellen, die über zwei Zellmembranen verfügen,
konnten bisher mit den Vorläufern unserer Sonden nicht zuverlässig
markiert werden. Wir haben das System nun so weiterentwickelt, dass auch
diese Gruppe nachweisbar ist“, sagt Studienleiter Mark Brönstrup,
Leiter der Abteilung „Chemische Biologie“ am HZI und Wissenschaftler am
DZIF im Forschungsbereich „Neue Antibiotika“. Die Sonden können auch
Bakterien nachweisen, die sich innerhalb von Wirtszellen vermehren. Die
technischen Anforderungen zum Nachweis der Sonden in klinischen Proben
wie Blutplasma sind vergleichsweise niedrig. Daher könnte das System
zukünftig auch abseits spezialisierter Labore zum Einsatz kommen.
Andere
molekulare Diagnostikmethoden wie die Massenspektrometrie oder die
Polymerasekettenreaktion unterscheiden nicht zwischen toten und lebenden
bakteriellen Zellen. „Unsere Methode bietet den Vorteil, dass nur
lebende Bakterien nachgewiesen werden. Wenn die Sonden aufleuchten,
liegt also eine aktive Infektion vor“, sagt Brönstrup. Neben dem Einsatz
in klinischen Proben sei auch der Einsatz in der Lebensmittelhygiene
denkbar. Zudem könne das Siderophor-basierte System auch angepasst
werden und anstatt der leuchtenden Sonden etwa antimikrobielle
Wirkstoffe einschleusen. Der Lichtblick in der Diagnostik soll also nur
der Anfang der Anwendungen für die molekularen trojanischen Pferde der
HZI-Forscher:innen sein.
Den Artikel finden Sie unter:
https://www.helmholtz-hzi.de/de/aktuelles/news/news-detail/article/complete/ein-lichtblick-fuer-die-mikrobiologische-diagnostik/
Quelle: Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (05/2022)
Publikation: Carsten
Peukert, Sachin Popat Gholap, Ori Green, Lukas Pinkert, Joop van den
Heuvel, Marco van Ham, Doron Shabat, Mark Broenstrup: Enzyme-activated,
Chemiluminescent Siderophore-Dioxetane Probes Enable the Selective and
Highly Sensitive Detection of Bacterial ESKAPE Pathogens. Angewandte
Chemie International Edition, Mai 2022. DOI: 10.1002/anie.202201423 |