Photorespiration schützt nicht vor schwankenden Lichtverhältnissen |
Die Photosynthese ist einer der wichtigsten Stoffwechselprozesse in der Natur: Sie ist entscheidend für das Pflanzenwachstum und damit die Produktion pflanzlicher Nahrungsmittel. Ein deutsch-amerikanisches Forschungsteam unter Leitung der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) hat desin enger Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie (MPI-MP) nun untersucht, ob ein bestimmter, zur Kohlenstofffixierung konkurrierender Stoffwechselweg bei der Photosynthese eine Schutzfunktion für die Pflanzen hat. Die Ergebnisse haben Relevanz auch für die Nutzpflanzenzüchtung.
Pflanzen wandeln bei der Photosynthese die Energie des Lichts in
chemische Energie um. Diese chemische Energie liegt in Form spezieller
Moleküle vor: ATP und NAD(P)H. Die darin gespeicherte Energie kann
universell für andere Stoffwechselprozesse der Pflanze verwendet werden,
beispielsweise um Kohlendioxid (CO2) aus der Luft in Form von
Kohlenwasserstoffen wie Zucker zu fixieren.
Wichtig für diesen
Prozess ist das katalytisch wirkende Protein „Rubisco“. Doch Rubisco
fixiert nicht nur CO2, sondern – als ungewollte Nebenreaktion – auch
Sauerstoff. Dabei entsteht das toxische Nebenprodukt 2-Phosphoglycolat,
welches wiederum die CO2-Fixierung behindert. Um das störende
2-Phosphoglycolat zu entfernen, ist ein weiterer energieaufwändiger
Stoffwechselprozess notwendig, die sogenannte Photorespiration.
Im
Laufe des Tages schwankt die Lichtintensität stark, etwa durch sich im
Wind bewegende Blätter oder durch Wolken. Entsprechend fluktuiert auch
die Menge an verfügbarer chemischer Energie in Form von ATP und NAD(P)H.
Gefährlich wird es für die Pflanze, wenn sie plötzlichem Starklicht
ausgesetzt ist: Da nur begrenzte Mengen der Vorläufermoleküle für ATP
und NAD(P)H vorliegen, kann dann nur ein Teil der absorbierten Licht- in
chemische Energie umgewandelt werden. Überschüssige Lichtenergie
verursacht an Proteinen sogenannte photooxidative Schäden, was sie
inaktiviert.
Ein Forschungsteam um Prof. Dr. Ute Armbruster vom
HHU-Institut für Molekulare Photosynthese hat nun untersucht, ob die
Photorespiration Pflanzen bei stark wechselnden Lichtbedingungen vor
photooxidativen Schädigungen schützt. Ihre Hypothese: Die
Photorespiration verbraucht überschüssige chemische Energie, wodurch
ausreichend Vorläufermoleküle für die ATP- und NAD(P)H-Bildung
freigesetzt werden. Beteiligt an dem Projekt waren Forschende vom
Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam und
der Universität Potsdam sowie von der Michigan State University in East
Lansing.
Studienobjekt war die Ackerschmalwand (Arabidopsis
thaliana), wobei bei einem Teil der Pflanzen die Gene für HPR1 und GGT1
ausgeschaltet waren (sogenannte Knockout-Pflanzen). Diese Gene kodieren
zwei Schlüsselenzyme der Photorespiration, welche sich an verschiedenen
Stellen in diesem Stoffwechselweg befinden. Die Pflanzen wurden
unterschiedlichen Lichtverhältnissen ausgesetzt: fluktuierendem Licht
und konstantem Licht mit zwei Lichtstärken.
Die Forschenden
beobachteten, wie die Pflanzen unter den einzelnen Beleuchtungsregimen
wuchsen. Laut der Hypothese sollten die Pflanzen mit eingeschränkter
Photorespiration schlechter unter den stark schwankenden
Lichtbedingungen wachsen, weil hier die Photorespiration keine
Schutzfunktion einnehmen kann.
Dr. Thekla von Bismarck,
Erstautorin der Studie: „Wir fanden unsere Hypothese nicht bestätigt:
Die Photorespiration scheint keine wesentliche Rolle zum Schutz der
Pflanzen bei Starklichtphasen von fluktuierenden Lichtverhältnissen
einzunehmen. Pflanzen ohne voll funktionsfähige Photorespiration wachsen
eher besser unter fluktuierenden als unter konstanten
Lichtbedingungen.“
Die Kooperationspartner in Potsdam ergänzten
die Studie durch ein Computermodell, mit dem verschiedene
Stoffwechselprozesse vorhergesagt werden. Prof. Armbruster: „Der
pflanzliche Stoffwechsel stellte sich als sehr flexibel heraus. Auch
wenn der Pflanze bestimmte photorespiratorische Enzyme fehlen, können
sie diesen Mangel durch andere Stoffwechselwege kompensieren. Der
alternative Weg ist jedoch abhängig von der Lichtbedingung, und für
Pflanzen ohne GGT1 konnten wir zeigen, dass fluktuierendes Licht mit
Bezug auf photooxidativen Schaden einen gefahrloseren Stoffwechselweg
aktiviert als nicht-fluktuierendes Licht.“
Die Ergebnisse sind
zur Verbesserung vom Ernteertrag durch synthetische Umgehungen der
Photorespiration interessant. Die Aktivierung eines pflanzeneigenen
alternativen Stoffwechselwegs im Chloroplasten könnte dazu genutzt
werden, um bei der Photorespiration freiwerdendes CO2 in der Nähe von
Rubisco freizusetzen und somit Photosynthese unter dynamischen
Lichtbedingungen zu verbessern.
Den Artikel finden Sie unter:
https://www.hhu.de/die-hhu/presse-und-marketing/aktuelles/pressemeldungen-der-hhu/news-detailansicht/photorespiration-schuetzt-nicht-vor-schwankenden-lichtverhaeltnissen
Quelle: Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (11/2023)
Publikation: Thekla
von Bismarck, Philipp Wendering, Leonardo Perez de Souza, Jeremy Ruß,
Linnéa Strandberg, Elmien Heyneke, Berkley J. Walker, Mark A. Schöttler,
Alisdair R. Fernie, Zoran Nikoloski, Ute Armbruster; Growth in
fluctuating light buffers plants against photorespiratoryperturbations;
Nature Communications 14, 7052 (2023). DOI: 10.1038/s41467-023-42648-x |