Virale Hochstapler: Durchbruch für die Virenforschung |
Pseudoviren gleichen Hochstaplern: Obwohl harmlos, sind sie so konzipiert, dass sie äußerlich kaum von ihren gefährlichen Verwandten zu unterscheiden sind. Dies macht sie zu einem unschätzbar wertvollen Werkzeug in der Virusforschung. Mit ihnen können Infektionswege von gefährlichen Virenvarianten exakt analysiert werden. Ein Hindernis in der Forschung war bislang die verlässliche Sichtbarkeit der Pseudoviren unter dem Mikroskop. Traditionelle Markierungsmethoden beeinflussten die Aktivität der “Hochstapler“ und verfälschten so die Bildgebung.
Ein Team vom Rudolf-Virchow-Zentrum – Center for Integrative and
Translational Bioimaging der Julius-Maximilians-Universität (JMU)
Würzburg, geleitet von Professor Markus Sauer und Dr. Gerti Beliu, hat
nun eine Lösung entwickelt: Durch Kombination von genetischer
Code-Erweiterung und Click-Chemie wurde ein eindeutiges
Erkennungsmerkmal für Pseudoviren geschaffen, welches ihre Aktivität
unbeeinflusst lässt.
Neue Horizonte in der Virusforschung öffnen sichDie
neuartigen „klickbaren“ Pseudoviren sind stark fluoreszierend. Was die
Bindung und das Eindringen in Zellen angeht, besitzen sie jedoch
dieselben Eigenschaften wie ihre krankheitserregenden Verwandten. Einmal
in den Zellen angekommen, lösen sie aber keine Krankheiten aus und
ermöglichen die Handhabung unter reduzierter biologischer Risikostufe in
S1/2-Standardlaboren.
Markus Sauer ist begeistert: „Mit dieser
Methode öffnen sich uns völlig neue Horizonte in der Virusforschung. Es
ist ein Sprung nach vorn in unserer Fähigkeit, die komplexen Dynamiken
von Virusinfektionen in lebenden Organismen mit hochauflösenden
Mikroskopiemethoden zu beobachten.“
Innovation trifft PräzisionEin
weiterer Vorteil der neuen Methode ist ihre hohe Detektionseffizienz.
Im Vergleich zu konventionellen Immunfärbemethoden konnte das JMU-Team
eine vielfach höhere Erfassungseffizienz feststellen. Dadurch werden
feinere Details und subtile Prozesse des Infektionsprozesses sichtbar.
„Die
klickbaren Pseudoviren haben das Potenzial, die Forschung der
Virus-Zell-Interaktionen zu revolutionieren. Es ist, als würden wir mit
unseren Mikroskopen in eine bisher unsichtbare Welt eintauchen", erklärt
Gerti Beliu.
Zukunftsaussichten und mögliche AnwendungenDie
neuartige Visualisierungstechnologie hat das Potenzial, die Landschaft
der Virusforschung nachhaltig zu verändern. Sie könnte nicht nur zu
einem tieferen Verständnis von Infektionsmechanismen führen, sondern
auch die Entwicklung innovativer therapeutischer Ansätze und Impfstoffe
beeinflussen. Ihre Einsatzmöglichkeiten könnten sehr weit reichen, von
der Grundlagenforschung bis zur klinischen Medizin.
Den Artikel finden Sie unter:
https://www.uni-wuerzburg.de/aktuelles/pressemitteilungen/single/news/klickbare-pseudoviren/
Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg (11/2023)
Publikation: Re-Engineered
Pseudoviruses for Precise and Robust 3D Mapping of Viral Infection.
Marvin Jungblut, Simone Backes, Marcel Streit, Georg Gasteiger, Sören
Doose, Markus Sauer, Gerti Beliu. ACS Nano 2023. Open Access: https//doi.org/10.1021/acsnano.3c07767 |