Wie Nanoplastik den Stoffwechsel beeinflussen kann |
Der Kunststoff PET, aus dem zum Beispiel Plastikflaschen hergestellt werden, ist in der Umwelt allgegenwärtig. Welche negativen Auswirkungen kleinste Plastikpartikel von PET auf Stoffwechsel und Entwicklung eines Organismus haben können, wurde von Wissenschaftler:innen der Universität Leipzig und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in einer gemeinsamen Studie untersucht.
Die steigende Verwendung von Plastik stellt weltweit eine Bedrohung für
die Ökosysteme dar. Eine der großen Sorgen ist die Präsenz von
Kunststoffen in Form von kleinen Partikeln, die auch Mikroplastik und
Nanoplastik genannt werden. Diese Teilchen werden im Trinkwasser, in
Lebensmitteln und sogar in der Luft analytisch nachgewiesen. Nanoplastik
kann von Menschen und Tieren durch Nahrung sowie Wasser aufgenommen
werden. Es besteht die Sorge, dass sich Mikroplastik im Laufe der Zeit
im Körper anreichern könnte. Die vollständigen Auswirkungen auf die
menschliche Gesundheit sind jedoch nicht bekannt und Ziel
wissenschaftlicher Untersuchungen, wie in der aktuellen Studie der
Universität Leipzig.
Polyethylenterephthalat, bekannt als PET,
ist ein sehr häufig verwendetes Kunststoffmaterial. Es wird für die
Herstellung praktischer Behälter für Lebensmittel und Getränke oder für
Plastiktüten genutzt. Über die schädigende Wirkung von PET-Nanoplastik
ist bislang wenig bekannt. In ihrem aktuellen Forschungsprojekt haben
sich die Wissenschaftler:innen der Universität Leipzig mit den
Auswirkungen von PET-Nanoplastik auf Embryonen von Zebrafischen
konzentriert.
Dabei fanden sie heraus, dass sich die winzigen
Plastikteilchen in mehreren Organen der Modelltiere, wie Leber, Darm,
Niere und Gehirn, anreicherten. Zudem führte die PET-Nanoplastik zu
Verhaltensstörungen der Embryonen, da weniger Bewegungen beobachtet
wurden. „Unsere Studie gibt zum ersten Mal einen Einblick in die durch
PET-Nanokunststoffe induzierten Toxizitätswege und die zugrundeliegenden
schädigenden Mechanismen in intakten Zebrafisch-Larven. Wir konnten
sehen, dass die Leberfunktion erheblich beeinträchtigt und oxidativer
Stress erzeugt wird. PET-Nanoplastik beeinflusst zudem die Zellmembran
und die Energetik der Lebewesen“, sagt Korrespondenzautorin Dr. Alia
Matysik, Wissenschaftlerin am Institut für Medizinische Physik und
Biophysik der Medizinischen Fakultät.
PET-Anreicherung verändert Biochemie des OrganismusMit
Hilfe der High-Resolution Magic-Angle Spinning (HR-MAS)-Methode, einer
nicht-invasiven Analyse-Methode, bei der Kernspin-Resonanz (NMR) auf
Feststoffe und weiche Materie angewendet wird, wurden die Embryos der
Zebrafische untersucht. Diese wissenschaftliche Methode hat den Vorzug,
von außen in Materie hineinschauen zu können, ohne zum Beispiel ein
Gewebe verletzen oder Instrumente in den Körper einführen zu müssen. Die
Erforschung des Stoffwechsels der Zellen und Gewebe der Zebrafische
wurde in dieser Studie mit zellulären Assays und Verhaltenstests
kombiniert. „Wir haben modernste analytische NMR-Methoden verwendet, um
ein umfassendes Systemverständnis der von PET-Nanoplastik betroffenen
Stoffwechselwege zu erhalten. Wir konnten beobachten, wie die
PET-Anreicherung die Biochemie eines Organismus verändert“, sagt Dr.
Alia Matysik.
„Dieses Forschungsergebnis zeigt die nachteiligen
Auswirkungen von PET-Nanokunststoffen, die bei Zebrafisch-Embryos
beobachtet wurden und auch bei Säugetieren und Menschen eine Rolle
spielen könnten. Eine klare Antwort darauf haben wir noch nicht, aber
man muss nun davon ausgehen, dass PET-Nanoplastik in unsere Ökosysteme
eingreift. In jedem Fall sollte der Eintrag von Kunststoffen in die
Umwelt verhindert werden. Man muss vermuten, dass die Vermeidung dieser
Form von Müll die große Herausausforderung der nahen Zukunft wird“, sagt
Prof. Jörg Matysik vom Institut für Analytische Chemie, der an der
Studie seiner Frau beteiligt war.
Die Wissenschaftler:innen der
Universität Leipzig wollen die Forschung zu dem Thema fortführen, um
auch die Auswirkungen von Nanokunststoffen auf die Gehirnfunktion zu
untersuchen. „Wir sehen bereits, dass sich PET-Nanoplastik im Gehirn
anreichert. Wir wollen nun herausfinden, ob es Auswirkungen auf die
Gehirnfunktion und neurodegenerative Erkrankungen hat“, sagt Dr. Alia
Matysik. Â
Den Artikel finden Sie unter:
https://www.uni-leipzig.de/newsdetail/artikel/wie-nanoplastik-den-stoffwechsel-beeinflussen-kann-2023-03-08
Quelle: Universität Leipzig (03/2023)
Publikation: A mechanistic understanding of the effects of polyethylene terephthalate nanoparticles in the zebrafish (Danio rerio) embryo”. DOI: 10.1038/s41598-023-28712-y |