Der Tod von Mikroorganismen beeinflusst den Kohlenstoffgehalt im Boden |
Wie Mikroorganismen im Boden sterben, hat Auswirkungen auf die Menge an Kohlenstoff, den sie hinterlassen, wie Mikrobiologin und Ökologin Dr. Tessa Camenzind von der Freien Universität Berlin zusammen mit Johannes Lehmann von der Cornell University, New York, und Humboldt-Forschungspreisträger an der Freien Universität sowie weitere Koautoren herausgearbeitet haben. Die Ergebnisse sind auch mit Blick auf den Klimawandel und CO2-Emissionen interessant.
Mikroorganismen umgeben uns überall - auch im Boden. Dort übernehmen
sie die wichtige Aufgabe den Nährstoff- und Kohlenstoffkreislauf in
Gang zu halten, und den Boden als wichtige Ressource zu bewahren. Aber
Mikroorganismen sind nicht unsterblich - auch sie sind dem Zyklus von
Leben und Tod unterworfen.
„In unserer Studie haben wir uns der
Frage gewidmet, auf welche Weise Mikroorganismen im Boden sterben und
was genau von toten Mikroorganismen (auch genannt mikrobielle
Nekromasse) am Ende ihres kurzen Lebens übrigbleibt. Nun könnte man
fragen, warum uns der Tod einzelner Zellen im Boden kümmern sollte?
Spannenderweise ist aber genau dieser Tod relevant dafür, wieviel und
wie lange ein Boden Kohlenstoff einlagern und speichern kann“, erklärt
Tessa Camenzind. Ein Thema, das auch Wissenschaftler und Politiker
angesichts ansteigender CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre und den
Konsequenzen für den Klimawandel interessieren könnte.
Der Boden
ist der größte Kohlenstoffspeicher auf der Erde - größer als der der
Pflanzen und der Atmosphäre zusammen. Entgegen früherer Annahmen wird
ein beträchtlicher Teil – schätzungsweise über 50 Prozent - dieses
Kohlenstoffes durch tote Überreste von Mikroorganismen in den Boden
eingebracht. „So makaber es klingt – aber das Wissen über die
Todesursache der Mikroorganismen und damit einhergehende Prozesse ist
essentiell wichtig, um zu verstehen, wie Kohlenstoff im Boden
eingelagert wird und wie stabil dieser Vorgang unter unterschiedlichen
Bedingungen ist“, betont die Biologin.
Und woran sterben
Mikroorganismen nun? Der Boden ist kein ungefährlicher Lebensraum: Nicht
nur Hungerstod, Dürre, Hitze- und Kälteeinbrüche bedrohen das Leben
dort. Mikrobielle Organismen stehen auch permanent in Konkurrenz um
verfügbare Ressourcen, wobei einige auch tödliche Metaboliten abgeben.
Protisten (Einzeller), Bodentierchen und sogar Bakterien selber stellen
zudem Fraßfeinde dar, die teilweise nicht nur selektiv jagen, sondern
einfach große Flächen „begrasen“. Auch Viren sind reichlich im Boden
verbreitet und töten einen nicht unbeträchtlichen Anteil der Bakterien.
Und natürlich führen viele menschliche Aktivitäten zu einer Veränderung
dieses natürlichen Gleichgewichts.
„In dieser Studie arbeiten wir
besonders heraus, welche chemischen Veränderungen durch diese diversen
Prozesse entstehen, um ein besseres Bild über die Zusammensetzung der
mikrobiellen Nekromasse zu erhalten“, erklärt Tessa Camenzind weiter.
Auf molekularer Ebene mache es einen Unterschied, ob ein Bakterium von
einem Springschwanz (Bodentier) gefressen und verdaut wird, vertrocknet,
von einem Virus umprogrammiert oder von einem räuberischen Bakterium
praktisch ausgesaugt wird. Gleichzeitig seien Pilzhyphen im Hinblick auf
den Kohlenstoffspeicher besonders interessant: „Sie bewegen sich durch
die Neubildung von Hyphen durch den Boden, wobei sie (da sie sich nicht
wirklich bewegen) permanent tote Hyphen hinter sich zurücklassen und
dadurch sehr viel Kohlenstoff in den Boden einzubringen scheinen“, sagt
die Forscherin.
Tessa Camenzind forscht derzeit als
Postdoktorantin am Institut für Biologie des Fachbereichs Biologie,
Chemie, Pharmazie der Freien Universität Berlin. Sie beschäftigt sich
seit vielen Jahren mit der Rolle von Pilzen in biogeochemischen
Prozessen im Boden und somit interdisziplinären Ansätzen, die
Mikrobiologie und Bodenökologie verbinden. Promoviert hat die Biologin
zum Thema Mykorrhizapilze in tropischen Wäldern. Aktuell arbeitet sie an
ihrem eigenen DFG-Forschungsprojekt im Schwerpunktprogramm SPP Soil
Systems (https://soilsystems.net ).
Den Artikel finden Sie unter:
https://www.fu-berlin.de/presse/informationen/fup/2023/fup_23_012-mirkoorganismen-kohlenstoffgehalt-nature/index.html
Quelle: Freie Universität Berlin (01/2023)
Publikation: https://www.nature.com/articles/s41561-022-01100-3.pdf |