Grippe-Test: Elektrochemischer Biosensor für die Antikörper-Detektion |
Der quantitative Nachweis spezifischer Antikörper in komplexen Proben wie Blut kann Informationen über viele verschiedene Krankheiten liefern, benötigt aber meist eine aufwändige Labordiagnostik. Einen neuen Ansatz für eine rasche, kostengünstige, aber quantitative und spezifische Vor-Ort-Detektion von Antikörpern stellt ein italienisches Team jetzt in der Zeitschrift Angewandte Chemie vor. Es handelt sich um einen elektrochemischen zellfreien Biosensor, mit dem z.B. der direkte Nachweis von Grippe-Antikörpern in Blutserum gelingt.
Grippe ist eine schwere, weit verbreitete epidemische Krankheit, die
tödlich enden und zudem erhebliche gesellschaftliche und ökonomische
Folgen haben kann. Entsprechend wichtig ist eine klinische Bewertung der
Immunantworten auf Grippeimpfungen und Infektionen. Statt einer teuren
aufwändigen Laboranalytik wäre eine einfache, kostengünstige
Vor-Ort-Diagnostik wünschenswert.
Der neue Ansatz von Sara
Bracaglia, Simona Ranallo und Francesco Ricci (Universität Rom) kommt
diesem Wunsch nach. Er basiert auf programmierten Gen-Regelkreisen,
zellfreier Transkription sowie einer elektrochemischen Detektion.
In
lebenden Zellen werden Gene durch eine RNA-Polymerase abgelesen und in
eine RNA-Sequenz übersetzt (Transkription), die dann als Bauanleitung
für Proteine dient (Translation). Diese Maschinerie kann auch in
zellfreien Systemen genutzt werden. Für den neuen Biosensor hat das Team
eine solche Maschinerie mit gezielt designten synthetischen
Gen-Regelkreisen kombiniert, die nur „angeschaltet“ werden, wenn der
gesuchte Antikörper in der Probe enthalten ist. Als Beispiel wurde ein
Test konzipiert, der Grippe-Antikörper nachweist, ein gegen ein
Oberflächenmolekül von Grippe-Viren gerichteter Antikörper.
Dazu
entwarf das Team ein synthetisches Gen mit einem unvollständigen
Promoter. Der Promoter ist ein DNA-Abschnitt, der das Ablesen eines Gens
steuert. Ist der Promoter unvollständig, kann die RNA-Polymerase die
Transkription der RNA nicht starten. Die Testlösung enthält ein Paar
synthetischer DNA-Stränge, die an ein Protein-Segment (ein Peptid)
gebunden sind, das spezifisch von Anti-Grippe-Antikörpern erkannt wird.
Bindet der Antikörper das Peptid, ordnen sich die beiden DNA-Stränge so
an, dass sie den Promoter vervollständigen und das synthetische Gen
anschalten. Die RNA-Polymerase kann nun an das synthetische Gen andocken
und mit der Transkription von RNA-Strängen beginnen. Diese RNA-Stränge
binden dann spezifisch an eine auf einer kleinen Einmal-Elektrode
fixierte DNA-Sonde und ändern deren Stromsignal messbar. Solange keine
Antikörper anwesend sind, wird keine RNA transkribiert und keine
Änderung des Stromsignals wird von der Einmal-Elektrode gemessen.
Enthält die Probe Anti-Grippe-Antikörper, synthetisiert die Maschinerie
RNA, die an die Elektrode bindet und das Stromsignal ändert.
Das
System benötigt nur sehr kleine Probenmengen, ist sehr spezifisch und
sensitiv, kaum störanfällig, kostengünstig und miniaturisierbar für eine
tragbare, einfach zu handhabende Diagnostik. Es ist flexibel anpassbar
für den Nachweis vielfältiger anderer Antikörper.
Den Artikel finden Sie unter:
https://onlinelibrary.wiley.com/page/journal/15213757/homepage/press/202301press.html
Quelle: Angewandte Chemie (01/2023)
Publikation: Angewandte Chemie https://doi.org/10.1002/ange.202216512 |