Zehntausende mögliche Katalysatoren auf dem Durchmesser eines Haars |
Bei der Suche nach Katalysatoren für die Energiewende sind Materialien aus mindestens fünf Elementen besonders vielversprechend. Nur gibt es davon theoretisch Millionen – wie findet man da das leistungsstärkste? Einem Bochumer Forschungsteam unter Leitung von Prof. Dr. Alfred Ludwig, Leiter des Lehrstuhls Materials Discovery and Interfaces, MDI, ist es gelungen, in einem einzigen Schritt alle möglichen Kombinationen aus fünf Elementen auf einem Träger unterzubringen. Zusätzlich entwickelten die Forschenden eine Methode, um das elektrokatalytische Potenzial jeder einzelnen der Kombinationen in dieser Mikromaterialbibliothek im Hochdurchsatz zu analysieren. So wollen sie die Suche nach potenziellen Katalysatoren um ein Vielfaches beschleunigen.
Ein komplettes fünf-elementiges Materialsystem auf einem einzigen TrägerBei
der Herstellung von Materialbibliotheken sogenannter
Hochentropielegierungen setzen die Bochumer Forschenden auf ein
Sputterverfahren. Dabei werden alle Ausgangstoffe zeitgleich aus
verschiedenen Richtungen auf einen Träger aufgebracht. Auf jeder Stelle
des Trägers schlagen sich die Ausgangsstoffe in verschiedenen
Mischungsverhältnissen nieder. „Dieses Verfahren haben wir in der
aktuellen Arbeit durch den Einsatz von Lochblenden so verfeinert, dass
jede Materialmischung nur noch in einem winzigen Punkt von etwa 100
Mikrometer Durchmesser auf dem Träger entsteht“, beschreibt Alfred
Ludwig. Dies entspricht ungefähr dem Durchmesser eines menschlichen
Haars. „Durch die Miniaturisierung der Materialbibliotheken sind wir
jetzt in der Lage, ein komplettes Fünf-Komponentensystem auf einem
einzigen Träger unterzubringen – ein enormer Fortschritt“, ergänzt Dr.
Lars Banko vom Lehrstuhl MDI, der seit kurzem das EXIST-geförderte
Startup Projekt xemX leitet.
Untersuchung mit hängenden TropfenFür
die Untersuchung der so entstandenen Materialien nutzen die Forschenden
die sogenannte Scanning Electrochemical Cell Microscopy, kurz SECCM.
Dabei werden über einen hängenden Nanotropfen eines Elektrolyts mit
einem Tausendstel des Durchmessers eines Haares die elektrochemischen
Eigenschaften des Materials in einem bestimmten Punkt gemessen. „Das
erlaubt es uns, im Hochdurchsatz die Kandidaten mit der höchsten
katalytischen Aktivität ausfindig zu machen, bei denen eine genauere
Untersuchung lohnenswert erscheint“, sagt Prof. Dr. Wolfgang Schuhmann,
Leiter des Lehrstuhls für Analytische Chemie an der Ruhr-Universität.
Mittels
dieser Methoden wollen die Forschenden die Überfülle möglicher
Materialien für neue Katalysatoren effizient durchsuchen, um katalytisch
besonders aktive Kandidaten ausfindig zu machen. Katalysatoren werden
zum Beispiel für Energiewandlungsprozesse benötigt, die es unter anderem
ermöglichen könnten, Grünen Wasserstoff im großen Maßstab als
umweltfreundlichen Energieträger zu nutzen.
Den Artikel finden Sie unter:
https://news.rub.de/presseinformationen/wissenschaft/2023-01-16-materialforschung-zehntausende-moegliche-katalysatoren-auf-dem-durchmesser-eines-haars
Quelle: Ruhr-Universität Bochum (01/2023)
Publikation: Lars
Banko, Emmanuel Batsa Tetteh, Aleksander Kostka, Tobias Horst
Piotrowiak, Olga Anna Krysiak, Ulrich Hagemann, Corina Andronescu,
Wolfgang Schuhmann, Alfred Ludwig: Microscale combinatorial libraries
for the discovery of high-entropy materials, in: Advanced Materials,
2023, DOI: 10.1002/adma.202207635, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/adma.202207635 |