SARS-CoV-2 Nachweis in 30 Minuten mit der Genschere |
CRISPR-Cas ist vielseitig: Abseits vom populärwissenschaftlich bekannten ‚Gene Editing‘ zur Herstellung der kontrovers diskutierten genetisch modifizierten Organismen (kurz: GMOs) wird vor allem das Effektorprotein Cas in verschiedenen Varianten inzwischen auch in einer Vielzahl von Studien für den molekularbiologischen Nachweis von Nukleinsäuren wie DNA oder RNA verwendet.
Das Freiburger Forschungsteam um Mikrosystemtechniker Dr. Can Dincer vom
Institut für Mikrosystemtechnik stellt in seiner neuesten Studie einen
mikrofluidischen Multiplex-Chip vor, auf dem simultan die Viruslast im
Nasenabstrich sowie, gegebenenfalls, die Antibiotika-Konzentration im
Blut von COVID-19 Patient*innen gemessen werden könnte.
Schnelltest oder PCR?Die
Entwicklung von Schnelltests zum Nachweis von SARS-CoV-2-spezifischen
Antigenen hat den gesellschaftlichen Umgang mit der Pandemie maßgeblich
beeinflusst: Anstelle eines, nicht immer einfach verfügbaren, Termins
für einen rt-qPCR-Test auf dessen Ergebnis ein bis drei Tage gewartet
werden muss, sind Schnelltests inzwischen relativ bequem in jeder
Drogerie, Apotheke und auch in Supermärkten erhältlich. Was bei
Letzteren allerdings an Kosten, Aufwand und Zeit eingespart wird,
bezahlt man in Form von Test-Sensitivität. Dieses Problem äußerte sich
vor allem im letzten Winter, als Infektionen mit der Omikron-Variante
des Virus sehr spät und oftmals erst nach dem Einsetzen von Symptomen
von den sogenannten ‚Lateral Flow Devices‘ erkannt wurden. „Der
Trade-Off zwischen Testsensitivität und Sample-to-Result Zeit könnte mit
unserer Methode überbrückt werden“ so Midori Johnston, Erstautorin der
Studie, die nun in der Fachzeitschrift Materials Today erscheint.
So funktioniert der CRISPR-basierte COVID-TestWie
auch beim Schnelltest zuhause oder in Teststellen wird eine
Patientenprobe (naso- oder oropharyngealer Abstrich) in einen
Reaktionsmix getropft. Im Gegensatz zum herkömmlichen Schnelltest wird
mit CRISPR allerdings nicht auf Virusproteine, sondern wie beim PCR-Test
auf charakteristische Sequenzen im Virusgenom untersucht. Enthält die
Probe den gesuchten RNA-Ausschnitt wird das Effektorprotein (Cas13a)
aktiviert und schneidet die in der Reaktionslösung vorhandene
Reporter-RNA. Durch die Abwesenheit dieses Reporters ergibt sich beim
elektrochemischen Auslesen des Chips ein invers proportionaler
Zusammenhang zwischen der Menge der Virus-RNA aus der Probe und der
gemessenen Stromdichte. „Unser System kommt hierbei ohne
Vervielfältigung des Genmaterials aus, ist flexibel anpassungsfähig an
neue, infektiologisch-relevante Mutationen des Virus und verwendet
ausschließlich günstige, haltbare und ungiftige Reagenzien sowie ein
handliches Messsetup“, sagt Dincer.
Abschaffung der Isolationspflicht und Hospitalisierung von Patienten mit schweren VerläufenIm
Licht der jüngsten Entscheidungen mehrerer Bundesländer die
Isolationspflicht für positiv getestete COVID-19 Patient*innen
abzuschaffen werden zuverlässige, sensitive und schnelle
Testmöglichkeiten wieder notwendig, um auf erneute Infektionswellen
angemessen reagieren zu können. Auch die Hospitalisierung von
Patient*innen mit schweren Verläufen wird dabei nicht ausbleiben. Hier
kommt ein weiteres Feature des Mikrofluidik-Chips zum Tragen: Die
Kombination des CRISPR-Assays mit einem ß-Lactam-Antibiotika-Nachweis.
Oftmals infizieren sich an COVID-19 erkrankte Patient*innen zusätzlich
bakteriell und werden entsprechend mit Breitband-Antibiotika wie zum
Beispiel Amoxicillin, Ampicillin oder Piperacillin behandelt. Die
richtige Dosis ist hierbei ausschlaggebend, um eine erfolgreiche
Behandlung zu gewährleisten, aber auch die Entwicklung resistenter Keime
zu verringern. Der Sensor der Forschergruppe könnte hierbei durch eine
gleichzeitige Überwachung von sowohl der Viruslast als auch der
Antibiotika-Konzentration im Blut oder Speichel des Patienten von Nutzen
sein.
Den Artikel finden Sie unter:
https://kommunikation.uni-freiburg.de/pm/2022/sars-cov-2-nachweis-in-30-minuten-mit-der-genschere
Quelle: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau (11/2023)
Publikation: Johnston
M., Ates H.C., Glatz R., Mohsenin H., Schmachtenberg R., Göppert N.,
Huzly D., Urban G.A., Weber W., Dincer C. (2022): Multiplexed biosensor
for point-of-care COVID-19 monitoring: CRISPR-powered unamplified RNA
diagnostics and protein-based therapeutic drug management. In: Materials
Today. DOI: 10.1016/j.mattod.2022.11.001 |