Neue Aspekte der Oberflächenbenetzung |
Wenn eine Oberfläche nass wird, spielt dabei auch die Zusammensetzung der Flüssigkeit eine Rolle. Forschende des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation (MPI-DS) fanden heraus, dass die Phasentrennung innerhalb der benetzenden Flüssigkeit die Ausbreitungsdynamik direkt beeinflusst. Ihre Erkenntnisse könnten für verschiedene Bereiche von Bedeutung sein, darunter Zellbiologie und Halbleiterherstellung.
Bei der Phasentrennung entsteht eine Emulsion aus Flüssigkeitsgemischen
mit mehreren Komponenten – ein Effekt, der auch beim griechischen Likör
Ouzo beobachtet werden kann, der bei Zugabe von Wasser trübe wird.
Darüber hinaus findet Phasentrennung in vielen anderen Bereichen statt,
etwa bei der Wolkenbildung am Himmel oder der molekularen Kondensation
in biologischen Zellen. Normalerweise erfordert die Phasentrennung den
Kontakt mit festen Teilchen, da die Benetzung ihrer Oberflächen die
hierfür erforderliche Energiemenge senkt.
Wissenschaftler*innen
vom MPI-DS um Stefan Karpitschka fanden nun heraus, dass nicht nur die
Benetzung die Phasentrennung antreibt, sondern auch umgekehrt die
Phasentrennung die Benetzung. Normalerweise bewirken klassische Kräfte
wie Schwerkraft oder Kapillarität die Ausbreitung von Flüssigkeiten.
Doch auch die Phasentrennung treibt die Benetzung der Oberfläche aktiv
an, manchmal sogar viel schneller als klassische Kräfte. "Dies
ermöglicht es technisch, dünne Filme komplexer Flüssigkeiten auf
Oberflächen zu beeinflussen, zum Beispiel bei Herstellungsprozessen, die
einen Phasenwechsel beinhalten", erklärt Stefan Karpitschka,
Gruppenleiter am MPI-DS.
Phasentrennung beeinflusst Flüssigkeitsausbreitung
Um
die Auswirkungen der Phasentrennung auf die Ausbreitung von
Flüssigkeiten zu ermitteln, untersuchten die Forscher Tröpfchen von
Flüssigkeitsgemischen auf festen Oberflächen. Youchuang Chao, Erstautor
der Studie, beschreibt die wichtigsten Ergebnisse: "Wir beobachteten ein
unerwartetes Phänomen im Vergleich zu den bekannten
Ausbreitungsgesetzen für Flüssigkeiten aus nur einer Komponente. Die
Phasentrennung findet am Rand des Tröpfchens statt, wodurch sich die
flüssigen Komponenten auf diesen speziellen Bereich konzentrieren und so
chemische Prozesse gesteuert werden können." Diese Ergebnisse belegen
die starke Kopplung zwischen der dynamischen Benetzung und der
Phasentrennung auf molekularer Ebene.
Die neuen Erkenntnisse der
Studie könnten somit die Entwicklung neuer Strategien für die
Bearbeitung und Veredlung von Oberflächen beflügeln. Dazu gehören die
Ölrückgewinnung von Oberflächen sowie Anwendungen in der Produktion von
Mikrochips und Halbleitern.
Den Artikel finden Sie unter:
https://www.ds.mpg.de/3978630/221115_Karpitschka_phase_separation_surfaces
Quelle: Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation (11/2022)
Publikation: https://www.pnas.org/doi/full/10.1073/pnas.2203510119
|