Millionen Jahre alte DNA in der Antarktis gefunden
Eine neue Studie unter der Leitung der University of Tasmania unter Beteiligung der Universität Bonn hat die älteste marine DNA in Tiefseesedimenten der Scotia Sea nördlich des antarktischen Kontinents entdeckt. Das Material konnte auf eine Million Jahre datiert werden. Dies zeigt, dass sedimentäre DNA den Weg zur Untersuchung langfristiger Reaktionen von Meeresökosystemen auf den Klimawandel eröffnen kann. Diese Erkenntnis wird auch dazu beitragen, die gegenwärtigen und künftigen Veränderungen des Meereslebens rund um den gefrorenen Kontinent zu bewerten. Die Studie ist nun im Journal Nature Communications veröffentlicht.
Die Antarktis ist eine der durch den Klimawandel am stärksten
gefährdeten Regionen der Erde. Die Erforschung der vergangenen und
gegenwärtigen Reaktionen des polaren Meeresökosystems auf Umwelt- und
Klimaveränderungen ist daher von entscheidender Bedeutung und dringend
erforderlich. Die Analyse alter Sediment-DNA (sedaDNA) ist eine neue
Technik, die dabei hilft zu entschlüsseln, “wer” in der Vergangenheit im
Meer gelebt hat und “wann”. Außerdem können die Zeiten größerer
Veränderungen in der Zusammensetzung mit Klimaveränderungen in
Verbindung gebracht werden. Diese Erkenntnisse können helfen,
Vorhersagen darüber zu treffen, wie die Meeresbewohner um die Antarktis
auf den derzeitigen und künftigen Klimawandel reagieren werden.
Das
internationale Team untersuchte mit Hilfe von SedaDNA die Veränderungen
in der Struktur der Meeresorganismen in der Scotia-See der letzten
Million Jahre anhand von Sedimenten, die während der IODP-Expedition 382
“Iceberg Alley and Subantarctic Ice and Ocean Dynamics” im Jahr 2019
gewonnen wurden. Zunächst führte das Team eine umfassende Kontrolle auf
Verunreinigungen durch, um sicherzustellen, dass die SedaDNA-Signale
authentisch sind. Dazu gehörte beispielsweise die Untersuchung
charakteristischer altersbedingter Schadensmuster in den geborgenen
DNA-Fragmenten. Dabei konnten die Forschenden alte DNA nachweisen, die
bis zu einer Million Jahre alt ist.
“Dies ist die mit Abstand
älteste authentifizierte marine SedaDNA”, erklärt Dr. Linda Armbrecht,
die Leiterin der Studie von der University of Tasmania (Australien).
Unter den entdeckten Organismen befanden sich Kieselalgen als wichtige
Primärproduzenten, deren DNA bis zu einer halben Million Jahre zurück
nachweisbar war.
Die Daten zeigen auch, dass Kieselalgen während
warmer Klimaperioden durchweg reichlich vorhanden waren. Die letzte
derartige Veränderung im Nahrungsnetz der Scotia-See fand vor etwa
14.500 Jahren statt. “Dies ist eine interessante und wichtige
Veränderung, die mit einem weltweiten und schnellen Anstieg des
Meeresspiegels und einem massiven Eisverlust in der Antarktis aufgrund
der natürlichen Erwärmung zusammenhängt”, fügt Dr. Michael Weber,
Zweitautor der Studie von der Universität Bonn, hinzu. Die Erwärmung
habe offenbar zu einem Anstieg der Meeresproduktivität um die Antarktis
herum geführt.
Die Studie zeigt, dass marine SedaDNA-Analysen auf
Hunderttausende von Jahren ausgedehnt werden können. Dies eröffnet den
Weg zur Untersuchung von ökosystemweiten marinen Verschiebungen und
Veränderungen der Paläoproduktivität während vieler Eiszeitzyklen. Diese
Perioden natürlicher Klimaveränderungen können auch Aufschluss über die
derzeitige und künftige menschengemachte Klimaerwärmung geben und
darüber, wie das Ökosystem darauf reagieren könnte.