Studie bestätigt Ergebnisgenauigkeit des nationalen Virusvarianten-Monitorings im Abwasser |
Das Sequenzieren von Viruspartikel aus Abwasserproben ist seit 2020 ein wichtiger Teil des COVID19 Pandemiemonitorings in Österreich, das damit international eine Vorreiterrolle einnimmt. Eine aktuelle Studie des CeMM, dem Forschungszentrum für Molekulare Medizin der ÖAW sowie der Medizinischen Universität Wien, der Universität Innsbruck und vieler weiterer Kollaborationspartner zeigt nun, wie erstaunlich detailliert und exakt die Analysen des Abwassers die Variantendynamik widerspiegeln. Diese Studie, publiziert in Nature Biotechnology, liefert eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme und neue bioinformatische Instrumente, die internationale Überwachung von Virusvarianten zu unterstützen.
Dass die Analyse des Abwassers ein geeigneter, ergänzender Ansatz
zur Beobachtung des epidemiologischen Geschehens ist, davon wird bereits
länger ausgegangen. Dennoch wurde die Methode erst in jüngster Zeit in
vielen Ländern flächendeckend ausgerollt. In Österreich widmen sich
WissenschaftlerInnen der Forschungsgruppe von Andreas Bergthaler, CeMM
Adjunct Principal Investigator und Professor für Molekulare Immunologie
an der MedUni Wien, bereits seit 2020 gemeinsam mit
Kollaborationspartnern anderer Universitäten und Institutionen in ganz
Österreich der Auswertung von Abwasserproben aus Kläranlagen. In der
aktuellen Studie konnten die Erstautoren Fabian Amman vom CeMM und
Rudolf Markt von der Uni Innsbruck zeigen, dass die Abwasserdaten sehr
genau die Verbreitung von Virusvarianten in der Bevölkerung
widerspiegeln.
Hohe Übereinstimmungen der Virusvarianten in Patientenproben und AbwasserFür
die Studie sequenzierten und analysierten die WissenschaftlerInnen von
Dezember 2020 bis Februar 2022 insgesamt 3.413 Abwasserproben aus über
90 kommunalen Einzugsgebieten bzw. Kläranlagen, die zusammen wöchentlich
mehr als 50 Prozent der österreichischen Bevölkerung abdecken. Mittels
einer eigens entwickelten Software (Variant Quantification in Sewage
designed for Robustness, kurz VaQuERo) konnten die WissenschaftlerInnen
die räumlich-zeitliche Häufigkeit von Virusvarianten aus komplexen
Abwasserproben ableiten. Diese Ergebnisse wurden anschließend anhand
epidemiologischer Aufzeichnungen von mehr als 311.000 Einzelfällen
gemeinsam mit den Infektionsepidemiologen der AGES validiert. Erstautor
Fabian Amman, Bioinformatiker in der Forschungsgruppe von Bergthaler am
CeMM und der MedUni Wien, erklärt: „Unsere Ergebnisse bestätigen, dass
trotz zahlreicher Herausforderungen bei der Abwasseranalyse die
Ergebnisse einen sehr genauen Überblick über das Pandemiegeschehen eines
ganzen Landes bieten. Für jede Woche und jedes Einzugsgebiet, in denen
laut epidemiologischem Meldesystem eine bestimmte Variante zumindest
einmal auftrat, sehen wir in 86% der Proben derselben Woche ein
entsprechendes Signal im Abwasser. Umgekehrt sehen wir in rund 3% der
Abwasserproben Varianten, die dem Patienten-basierten System entgangen
sind.“ Die im Rahmen der Studie generierten Daten bieten eine Basis
für die Vorhersage neu entstehender Varianten und machen den
Reproduktionsvorteil bedenklicher Varianten besser kalkulierbar. Ein
weiterer Vorteil des Abwassermonitorings ist zudem, dass auch
asymptomatische Personen sowie Personen, die das Testangebot nicht
nutzen, in den Daten erfasst werden.
Erfolgsfaktor ZusammenarbeitIn
Österreich konnte insbesondere durch die erfolgreiche Zusammenarbeit
zwischen Forschungseinrichtungen und verschiedenen Behörden frühzeitig
ein flächendeckendes Monitoring aufgesetzt werden. Andreas Bergthaler
erklärt: „Dies ist auch eine Erfolgsstory, was wissenschaftliche
Zusammenarbeit schaffen kann. Im konkreten Fall war dies gekennzeichnet
von früh begonnenen und erfolgreich weiterausgebauten Kollaborationen
zwischen CeMM und MedUni Wien, Universität Innsbruck, der Medizinischen
Universität Innsbruck, der Technischen Universität Wien, der AGES sowie
mehr als zehn weiteren Institutionen.“ Gemeinsam konnte gezeigt werden,
dass die Virussequenzierungen aus dem Abwasser auf nationaler Ebene
einen wesentlichen Beitrag zur Überwachung von SARS-CoV-2 Varianten, dem
Pandemiemanagement und der öffentlichen Gesundheit liefern vermag. Es
ist zu erwarten, dass der Fokus auf SARS-CoV-2 zukünftig auch auf die
Analysen anderer Infektionserreger im Abwasser Anwendung finden wird.
Somit liefern die Erkenntnisse dieser Studie auch einen wichtigen
Beitrag zur internationalen Überwachung von Infektionskrankheiten.
Den Artikel finden Sie unter:
https://www.cemm.at/fileadmin/user_upload/Studie_best%C3%A4tigt_Ergebnisgenauigkeit_des_Abwassermonitorings_BITTE_SPERRFRIST_BEACHTEN.pdf
Quelle: CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (07/2022)
Publikation: DOI: 10.1038/s41587-022-01387-y |