Metallische Mikrostrukturierung in Glas trifft den elektrischen Puls der Zeit |
Geschützt vor Umwelteinflüssen, elektrisch und thermisch leitend sowie lithographisch sehr fein aufgelöst: Dünne metallische Mikrostrukturen bieten in Glas hervorragende Eigenschaften für vielfältige Anwendungen. So könnten aus ihnen Sensorelemente hergestellt werden, die unter extrem rauen Bedingungen vor Korrosion geschützt sind, formstabil bleiben und ihre Funktion gewährleisten. Ein am Fraunhofer IZM entwickeltes Verfahren bietet neue Möglichkeiten, elektrisch leitfähige Elemente in Glas zu integrieren, wobei der elektrische Strom mit Hilfe von metallischen Mikrostrukturen in Glas und nicht auf dem Glas geleitet wird.
Glas wird zunehmend als Basismaterial für elektrische Schaltungen
genutzt. Dies ist auf die besonderen Materialeigenschaften
zurückzuführen: Dazu zählen die hohe Dimensionsstabilität über einen
breiten Temperaturbereich, die Verfügbarkeit in großen Formaten (z.B. im
Vollformat 610 mm x 457 mm²), ein hoher elektrischer Widerstand, eine
glatte Oberfläche und eine hohe dielektrische Konstante (z.B. 5,0 @77
GHz). Bereits seit längerer Zeit werden aus diesem Grund elektrische
Strukturen aus dünnen Metallschichten wie Leiterbahnen homogen auf und
durch Glassubstrate hergestellt. Damit wird der elektrische Kontakt zu
den Bauteilen nicht nur in einer Ebene, sondern auch zur elektrischen
Durchkontaktierung mittels der "Through Glass Via"-Technik (TGV) für
mehrlagige Aufbauten realisiert.
Forschende des Fraunhofer IZM
haben nun eine Technologie entwickelt, mit der sich metallische
elektrische Leiterbahnen in Glas integrieren lassen. Die Vorteile dabei:
Die für Glas typische glatte Oberfläche bleibt erhalten und es
existieren keine Haftungsprobleme an der Grenzfläche zwischen dem Glas
und der metallischen Lage, da diese in die Glasmatrix eingebaut ist.
Daher muss kein Haftvermittler – meist ein weiteres Metall – verwendet
werden.
Die Forschenden haben bei der Verfahrensentwicklung
geschafft, die Bildung von metallischen Strukturen in Dünnglas zu
kontrollieren. Mit dem Ziel, homogene elektrische Leiter nahe der
Glasoberfläche zu bilden, analysierten sie zur Verfahrensoptimierung
verschiedene Materialien und Prozesse. Der Schlüssel zum Erfolg ist
neben der Materialauswahl auch die angepasste Prozessführung: Diese
metallische Schicht kann einige 100 Nanometer hauchdünn oder auch einige
Mikrometer dick sein, sodass sie mit dem bloßen Auge durch die starke
Reflexion auf dem Glas gut sichtbar ist. Es entsteht ein
spiegelähnlicher Effekt an der Glasoberfläche. Diese flächige
metallische Schicht kann über eine Länge von einigen Millimetern bis hin
zu mehr als zehn Zentimetern hergestellt werden. Ebenso gut können die
metallischen Strukturen auch selektiv eingebracht werden, sodass
elektrische Leiterbahnen im Glas entstehen.
„Über diese Länge
kann nun Strom geleitet werden, wobei die elektrischen Leiter vor extrem
rauen Umwelteinflüssen wie aggressiven Flüssigkeiten, Gasen, chemischen
Reaktionen wie Korrosion und vor mechanischem Abrieb geschützt sind,
denn sie sind vollständig im Glas eingeschlossen und liegen nicht auf
dem Glas“, sagt Philipp Wachholz, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Team
EOCB (Elektro-optische Leiterplatte).
Mit dieser neuen Form der
Integration von elektrischen Leiterbahnen in und nicht auf das Glas
lassen sich einige neuartige Anwendungen realisieren. Beispielsweise
könnten so Mikrovakuumkammern aus Glas elektrisch kontaktiert werden,
ohne dass die elektrischen Leitungen die Hermetizität reduzieren.
Außerdem könnten diese Leiterbahnen in widrigen Bedingungen, denen auf
das Glas aufgebrachte Leiterbahnen nicht standhalten würden, für
sensorische Zwecke eingesetzt werden. Wie in der Abbildung dargestellt,
könnten so winzige Mikroelektroden in Analysegeräten wie
elektrochemischen Biosensoren verwendet werden, um biochemische Prozesse
wie Enzymreaktionen oder Antigen-Antikörper-Interaktionen nachzuweisen.
Es könnten demnach sehr robuste Sensoren für vielfältige Anwendungen
gebaut werden, wobei die in Glas integrierten Strukturen dauerhaft hohen
Temperaturen bis 200 °C standhalten.
An diesem Punkt möchten die Forschenden vom Fraunhofer IZM noch weitergehen: Nach
den erfolgreichen Machbarkeitsstudien möchten sie gemeinsam mit
Projektpartnern aus der Sensorindustrie und Forschung die Technologie in
die Anwendungsreife bringen. Aktuell sind die Forschenden auf der Suche
nach interessierten Unternehmen, die ihre Kenntnisse gemeinsam mit den
Berliner Glasexpert*innen vertiefen wollen, und freuen sich über eine
direkte Kontaktaufnahme.
Vorteile von integrierten elektrischen metallischen Strukturen in Glas gegenüber aufgedampften metallischen Strukturen: - Keine Haftungsprobleme an der Glasoberfläche - Elektrisch leitfähige Mikrostrukturen in Glas: elektrische Durchkontaktierung - Integration elektrischer Strukturen (Widerstände, Kapazitäten etc.) - Metallische Strukturen liegen geschützt vor Umwelteinflüssen im Glas:
- keine Korrosion
- Abriebfest
- Glasoberfläche leicht zu reinigen
- Metallische Mikrostrukturen leiten sehr gut Wärme durch Glas ab - CTE-Fehleranpassung zwischen Metall und Glas wird verringert
Den Artikel finden Sie unter:
https://www.izm.fraunhofer.de/de/news_events/tech_news/metallische-mikrostrukturierung-in-glas.html
Quelle: Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM (05/2022) |