Dunklen Halbleiter zum Leuchten gebracht |
Ob Festkörper etwa als Leuchtdioden Licht aussenden können oder nicht, hängt von den Energieniveaus der Elektronen im Kristallgitter ab. Einem internationalen Team um die Oldenburger Physiker Dr. Hangyon Shan und Prof. Dr. Christian Schneider ist es nun gelungen, die Struktur der Energieniveaus in einer extrem dünnen Probe des Halbleiters Wolframdiselenid so zu manipulieren, dass das Material, welches normalerweise eine reduzierte Lumineszenzausbeute hat, zu leuchten begann.
Den Forschenden zufolge ist das Ergebnis ein erster Schritt auf dem
Weg, Materialeigenschaften durch Lichtfelder steuern zu können. „Die
Idee wurde schon seit Jahren diskutiert, bisher aber noch nicht
überzeugend umgesetzt“, sagt Schneider. Der Effekt könnte beispielsweise
nützlich sein, um die optischen Eigenschaften von Halbleitern zu
optimieren, etwa um neue LEDs, Solarzellen oder optische Bauteile
entwickeln zu können. Insbesondere organische Halbleiter – also
Kunststoffe mit halbleitenden Eigenschaften, die in etwa in biegsamen
Bildschirmen, flexiblen Solarzellen oder als Sensoren innerhalb von
Textilien zum Einsatz kommen – könnten auf diese Weise verbesserte
optische Eigenschaften erhalten.
Wolframdiselenid gehört zu einer
ungewöhnlichen Klasse von Halbleitern, die aus einem Übergangsmetall
und einem der Elemente Schwefel, Selen oder Tellur bestehen. Die
Forschenden verwendeten in ihrem Experiment eine Probe, die nur aus
einer einzigen, wie ein Sandwich aufgebauten Kristallschicht aus
Wolfram- und Selen-Atomen bestand. Solche wenige Atomlagen dünnen
Schichten werden in der Physik als zweidimensionale Materialien
bezeichnet. Sie besitzen oft ungewöhnliche Eigenschaften, da sich die
Ladungsträger darin völlig anders verhalten als in dickeren Festkörpern.
Unter anderem spielen die Gesetze der Quantentheorie in den
2D-Halbleitern eine wichtige Rolle, weshalb Fachleute auch von
„Quantenmaterialien“ sprechen.
Das Team um Shan und Schneider
platzierte die Wolframdiselenid-Probe zwischen zwei speziell
präparierten Spiegeln und regte das Material mit einem Laser an. So
gelang es ihnen, eine Kopplung zwischen Lichtteilchen und angeregten
Elektronen zu erzeugen. „In unserer Studie zeigen wir, dass man die
Struktur der elektronischen Übergänge durch diese Kopplung umordnen
kann, so dass ein dunkles Material zu einem hellen Material wird“,
erläutert Schneider. „Der Effekt ist in unserem Experiment so stark,
dass der tiefste Zustand von Wolframdiselenid optisch aktiv wird.“ Das
Team wies außerdem nach, dass die experimentellen Resultate sehr gut mit
den Vorhersagen eines theoretischen Modells übereinstimmen.
Die
aktuelle Arbeit ist das Resultat einer Kooperation der Oldenburger
Forscher mit Kollegen von der Universität Reykjavik (Island), der
Universität Würzburg, der Universität Jena, der Arizona State University
(USA) und des Nationalinstituts für Materialwissenschaften in Tsukuba
(Japan). Teile der Theorie wurden von Kollegen der Universität St.
Petersburg entwickelt, bevor die Universitäten ihre Kooperationen
beendeten.
Den Artikel finden Sie unter:
https://idw-online.de/de/news795915
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft e. V. / Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg (06/2022)
Publikation: Hangyon
Shan et al.: “Brightening of a dark monolayer semiconductor via strong
light-matter coupling in a cavity”, Nature Communications 13, 3001
(2022). https://doi.org/10.1038/s41467-022-30645-5 |