Natürlicher Superkleber aus heimischen Mistelbeeren - eine vielversprechende Entdeckung |
Ein Forscherteam des Max-Planck-Instituts für Kolloid- und Grenzflächenforschung (MPIKG) und der McGill Universität in Kanada entdeckt starke Klebeeigenschaften der Weißbeerigen Mistel. Die flexiblen Fasern der Mistelbeere haften sowohl an Haut und Knorpel als auch an verschiedenen synthetischen Materialien und könnten durch einfache Verarbeitung Anwendung in vielen Bereichen finden, beispielsweise als Wundverschlussmittel in der Biomedizin.
Für ihre Forschung holten die Materialwissenschaftler um Prof. Dr.
Peter Fratzl die Mistelbeeren selbst von den Bäumen. Von seinem
Bürofenster aus kann der Direktor der Abteilung Biomaterialien die
vielen grünen Mitesser sehen. „Misteln wachsen überall in großer Zahl,
so auch am Max-Planck-Campus, sie sind biologisch abbaubar und
erneuerbar,“ sagt Peter Fratzl und ergänzt: „Erstmals wird nun
untersucht, wie man die hervorragenden Klebeeigenschaften für potenziell
medizinische oder technische Verwendungen nutzbar machen kann.“
Vorteile des biologischen Klebstoffs: Er haftet sehr gut und ist unter feuchten Bedingungen leicht zu lösen.
Um
die Klebeeigenschaften zu beobachten, trug der Materialwissenschaftler
und frühere Schreiner Dr. Nils Horbelt im Selbstversuch den Mistelkleber
drei Tage an den Fingern: „Anschließend konnte ich das Viscin durch
einfaches Aneinanderreiben der Finger wieder ablösen.“ Jede Mistelbeere
kann einen bis zu zwei Meter langen klebrigen Faden, das sogenannte
Viscin produzieren – einen natürlichen Zelluloseklebstoff. Damit können
die Samen der halbparasitären Pflanze an ihren Wirtspflanzen haften. Die
Forscher in der ehemaligen Arbeitsgruppe von Dr. Matthew Harrington,
der inzwischen auf eine Professur an der McGill University in Kanada
gewechselt ist, entdeckten, dass Viscinfasern durch einfache
Verarbeitung im nassen Zustand zu dünnen Filmen gedehnt beziehungsweise
zu 3D-Strukturen zusammengefügt werden können. Dieser natürliche
Superkleber könnte möglicherweise Anwendung als Wundverschlussmittel
finden, zudem haftet er auch an Metallen, Glas und Kunststoffen.
Spannend ist auch die Tatsache, dass die Klebeeigenschaften unter
feuchten Bedingungen vollständig reversibel sind. „Es bleiben noch viele
Fragen zu diesem sehr außergewöhnlichen Material offen,“ sagt Nils
Horbelt, Erstautor der vorliegenden Studie. In einem nächsten Schritt
wird nun die Chemie hinter diesem quellfähigen, extrem klebrigen
Material untersucht, um den Klebeprozess in einem zweiten Schritt
imitieren zu können.
Den Artikel fiunden Sie unter:
https://www.mpikg.mpg.de/6725589/news_publication_18814764_transferred?c=44858
Quelle: Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung (06/2022)
Publikation: Horbelt,
Nils; Fratzl, Peter; Harrington, Matthew J.: Mistletoe viscin - a
hygro- and mechano-responsive cellulose-based adhesive for diverse
material applications, PNAS Nexus, Volume 1, Issue 1, March 2022,
pgac026, https://doi.org/10.1093/pnasnexus/pgac026 |