Neue Verbindungen zwischen Genetik und Epigenetik klären über umweltbedingte Krankheiten auf |
Warum werden wir krank? Schon lange versucht die Wissenschaft, das Rätsel um den Zusammenhang zwischen Genetik und Epigenetik bei der Entstehung von Krankheiten zu lösen. Dabei erzielten Forschende von Helmholtz Munich und dem Imperial College London neue Erkenntnisse. Die Studie hilft, umweltbedingte Erkrankungen besser zu verstehen und könnte sogar neue Biomarker und Wirkstoffziele für klinische Studien ausfindig machen.
Es sind nicht nur unsere Gene, die bestimmen, ob wir gesund bleiben oder
krank werden. Diabetes oder Herzkreislauferkrankungen beispielsweise
entstehen, weil genetische Faktoren auf Umwelteinflüsse treffen, die die
Erkrankung schließlich auslösen. Rauchen ist einer der bekanntesten
Umwelteinflüsse, der zu epigenetischen Veränderungen in unseren Zellen
führen kann. Wissenschaftler:innen versuchen daher, das Zusammenspiel
von Genetik und Epigenetik im Detail zu entziffern, um besser zu
verstehen, wie genau sich Krankheiten im Ursprung entwickeln.
Neuer Schwung für die Epigenetikforschung
Mit
diesem Ziel vor Augen analysierten Forschende von Helmholtz Munich und
dem Imperial College London große Datensätze von 7000 Personen aus
Kohortenstudien. „Dabei entdeckten wir Millionen von Verbindungen
zwischen DNA und der epigenetischen Veränderung von DNA, die wir
DNA-Methylierung nennen“, erklärt Melanie Waldenberger von Helmholtz
Munich. DNA-Methylierungen sind eine chemische Veränderung unseres
genetischen Codes und eine Folge epigenetischer Veränderungen in unseren
Zellen.
„Diese neuen Verbindungen brachten uns auf eine
spannende Fährte und wir entdeckten regulatorische Zellnetzwerke, die
mit bestimmten Krankheiten und Risikofaktoren wie Blutdruck, rheumatoide
Arthritis und dem Body-Mass-Index in Verbindung stehen“, sagt Matthias
Heinig, Helmholtz Munich. Die Wissenschaftler:innen konnten weiterhin
bestätigen, dass genetische Faktoren und Umwelteinflüsse wie Rauchen
oder Alter bei der DNA-Methylierung zusammenspielen. Außerdem
identifizierten sie Gene, die sowohl einen Einfluss auf die
DNA-Methylierung haben als auch mit Krankheiten in Verbindung stehen –
dies ist für die Identifizierung krankheitsrelevanter molekularer
Netzwerke unerlässlich. Die Studie liefert damit wichtige Erkenntnisse,
um neue und verbesserte Therapiestrategien zu entwickeln.
Christian
Gieger, Helmholtz München: „Unsere Ergebnisse ebnen den Weg für weitere
wichtige Studien im Bereich der Epigenetik bei umweltbedingten
Erkrankungen. Wir könnten damit neue Wirkstoffziele identifizieren oder
Biomarker für Krankheiten entdecken, die neue klinische Studien
ermöglichen.“
Einsatz von Big Data und künstlicher Intelligenz unerlässlich
Ohne
große Datensätze wäre diese Studie nicht möglich gewesen. Die
Forschungsgruppe nutzte große Kohortendaten wie die KORA-Kohorte mit der
zugehörigen KORA-Biobank des Instituts für Epidemiologie bei Helmholtz
Munich und Kohorten vom Imperial College London unter der Leitung von
John Chambers. Außerdem entwickelten die Wissenschaftler:innen eine
eigene Lösung für deren Netzwerkanalyse. Dafür nutzen sie bewährte
Werkzeuge wie GWAS (genomweite Assoziationsanalyse) und kombinierten sie
mit neu entwickelten Methoden aus der künstlichen Intelligenz.
Ergebnisse sind frei verfügbar
Alle
Ergebnisse sind „open source“ und für künftige Studien frei verfügbar,
einschließlich der Millionen identifizierter Verbindungen zwischen DNA
und DNA-Methylierung (http://qtldb.helmholtz-muenchen.de/) und des
computergestützten Modells für die Netzwerkanalyse (https://github.com/heiniglab/QTLnetwork).
Den Artikel finden Sie unter:
https://www.helmholtz-munich.de/aktuelles/uebersicht/pressemitteilungnews/article/50281/index.html
Quelle: Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (01/2022)
Publikation: Hawe,
Wilson, Schmid et al., 2022: Genetic variation influencing DNA
methylation provides insights into molecular mechanisms regulating
genomic function. Nature Genetics, DOI: 10.1038/s41588-021-00969-x https://www.nature.com/articles/s41588-021-00969-x |