Optimaler Einbau des mRNA-Wirkstoffs in Nanopartikel
Die Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II) der Technischen Universität München (TUM) spielt eine wichtige Rolle bei der Untersuchung von mRNA Nanopartikeln, ähnlich zu denen die im Covid-19-Impfstoff der Firmen BioNTech und Pfizer eingesetzt werden. Mit Hilfe des in Garching verfügbaren hohen Neutronenflusses gelang es den Forschenden am Heinz Maier-Leibnitz Zentrum (MLZ), unterschiedliche Formulierungen für den mRNA-Impfstoff zu charakterisieren und damit Grundlagen für die Verbesserung von deren Wirksamkeit zu schaffen.
Messenger-RNA (mRNA, deutsch „Boten-RNA“) als Wirksubstanz zu
verwenden ist im Prinzip eine geniale Idee: Das Molekül enthält den
spezifischen Bauplan für Proteine, die dann von der Zelle synthetisiert
werden. Damit kann grundsätzlich eine sehr große Bandbreite
unterschiedlicher therapeutisch wirksamer Proteine bereitgestellt
werden.
Im Fall des Covid-19 Impfstoffs sind das die Proteine der
charakteristischen Spikes auf der Oberfläche des Corona-Virus, die für
die Impfung eingesetzt werden. Diese werden auf der Oberfläche von
Immunzellen präsentiert woraufhin das Immunsystem des Menschen die
Abwehr gegen diese körperfremden Eiweißstoffe und damit gegen die
Corona-Viren einleitet. Die mRNA selbst wird nach wenigen Stunden wieder
vollständig abgebaut, was vorteilhaft für die Sicherheit dieser
Impfstoffe ist. Der Weg zur besten Verpackung
Damit die mRNA
nicht schon auf dem Weg zur Zelle von den allgegenwärtigen Enzymen des
Körpers abgebaut wird, muss man sie entsprechend verpacken. Dies
geschieht durch Nanopartikel, die aus einer Mischung aus Lipiden oder
Polymeren bestehen können.
Die Lipide sind Fettmoleküle, die den
Molekülen der Zellhülle ähneln und dabei helfen, die mRNA ins Zellinnere
abzugeben. Lipide und Biopolymere werden danach vom Körper wieder
abgebaut oder ausgeschieden.
In Zusammenarbeit mit der Gruppe von
Prof. Peter Langguth, Abteilung Pharmazeutische Technologie am Institut
für Pharmazeutische und Biomedizinische Wissenschaften der
Johannes-Gutenberg Universität Mainz, entwickelte das von Dr. Heinrich
Haas geleitete Formulierungsteam der Firma BioNTech zu diesem Zweck eine
Reihe von Formulierungen, bei denen die Nanopartikel aus in der
Pharmazie bereits bewährten Lipiden und Biopolymeren in
unterschiedlichen Mischungen bestanden. Die Durchleuchtung mit Neutronen
Um
die Eigenschaften verschieden zusammengesetzter Nanopartikel
miteinander zu vergleichen, unterzogen die Forschenden sie
unterschiedlichsten Untersuchungen. Neben Röntgen- und mikroskopischen
Analysen zählte dazu auch die Bestrahlung mit Neutronen am Instrument
KWS-2, das das Forschungszentrum Jülich am FRM II der TU München in
Garching betreibt.
Die Neutronen werden dabei im Inneren der
Nanopartikel unter anderem an den Wasserstoffkernen gestreut und auf
charakteristische Weise von ihrem Weg abgelenkt. Daraus lassen sich
Rückschlüsse auf deren Verteilung ziehen.
Tauscht man nun die
Wasserstoffatome bestimmter Komponenten – zum Beispiel nur der Lipide –
gegen schweren Wasserstoff aus, ändern sich zwar nicht die chemischen
Eigenschaften oder die pharmazeutische Wirkung, jedoch die Streuung der
Neutronen.
„Mit dieser Methode lassen sich Teile einer komplexen
Mehrkomponenten-Morphologie selektiv hervorheben, ohne die physikalische
Chemie der Probe zu verändern“, sagt Dr. Aurel Radulescu vom Jülich
Centre for Neutron Science (JCNS), der für das Instrument KWS-2
verantwortlich ist und die Auswertung der Messergebnisse leitete. „Auf
diese Weise können Struktureigenschaften dargestellt werden, die mit
anderen Methoden nicht, oder kaum, sichtbar zu machen sind.“ Das rechte Maß an Ordnung macht‘s
Bei
diesen Analysen interessierten sich die Forschungsteams dafür, wie
effizient die Übertragung der mRNA in die Zelle, die sogenannte
Transfektion, bei den unterschiedlichen Formulierungen funktionierte.
Auf diese Weise fanden die Forscherinnen und Forscher heraus, dass die
höchste Transfektionsrate mit Nanopartikeln erhalten wurde, die sich
durch eine bestimmte Art der inneren Ordnung auszeichnen.
„Immer
wenn sich geordnete und weniger geordnete Bereiche im Inneren der
Nanopartikel in charakteristischer Weise abwechselten wurde eine hohe
biologische Aktivität festgestellt. Hierbei könnte es sich um ein
allgemeingültiges Konzept der Struktur-Aktivitätsbeziehung handeln, das
unabhänging von den hier untersuchten Sytemen anwendbar ist“, hebt Dr.
Heinrich Haas von der BioNTech hevor. Eine ähnlich niedrige Ordnung
wurde von den Forschungsteams zuvor auch schon mit Hilfe von
Röntgenstrahlung in anderen Lipidnanopartikeln gefunden. Ein verbessertes Verfahren
Um
die gewünschten Struktureigenschaften zu erhalten mussten Lipide und
Biopolymere mit genau bestimmten Verfahren mit der mRNA zusammengebracht
werden. Dabei konnten das Forschungsteam zeigen, dass sich die
Nanopartikel zur Verpackung der mRNA in einem Schritt herstellen lassen,
was im Vergleich zu einem ursprünglich ebenfalls erprobten
Zwei-Schritt-Verfahren eine erhebliche Vereinfachung bedeutet.
So
konnte am Ende eine vereinfachte Methode zur Herstellung von mRNA
Nanopartikeln mit verbesserter Aktivität gefunden werden. „Solche Fragen
der praktischen Herstellbarkeit stellen eine wichtige Voraussetzung für
die Entwickelbarkeit pharmazeutischer Produkte dar“, stellt Prof.
Langguth klar. In der Zukunft können solche Konzepte in der Entwicklung
neuer mRNA basierter Therapeutika mit berücksichtigt werden.
Quelle: Technische Universität München (TUM) (12/2021)
Publikation: Hybrid Biopolymer and Lipid Nanoparticles with Improved Transfection Efficacy for mRNA Christian
D. Siewert, Heinrich Haas, Vera Cornet, Sara S. Nogueira, Thomas
Nawroth, Lukas Uebbing, Antje Ziller, Jozef Al-Gousous, Aurel Radulescu,
Martin A. Schroer, Clement E. Blanchet, Dmitri I. Svergun, Markus P.
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Investigation of charge ratio variation in mRNA – DEAE-dextran polyplex delivery systems C.
Siewert, H. Haas, T. Nawroth, A. Ziller, S. S. Nogueira, M. A. Schroer,
C. E. Blanchet, D. I. Sverg, A. Radulescu, F. Bates, Y. Huesemann, M.
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Langguth, U. Sahin, H. Haas ACS Appl. Nano Mater. 2020, 3, 11, 10634–10645 – DOI: 10.1021/acsanm.0c01834 https://pubs.acs.org/doi/abs/10.1021/acsanm.0c01834