Neues Messverfahren soll Entwicklung mehrfach recyclebaren Kunststoffs beschleunigen |
Obwohl es mittlerweile biologisch abbaubare Kunststoffalternativen zu PET gibt, stellen diese bisher ein Nischenprodukt dar. Sie können, wenn es um Anforderungen wie mechanische und thermische Stabilität, den Einsatz als Feuchtigkeitsbarriere und die Haltbarkeit geht, für viele Anwendungen nur bedingt eingesetzt werden. Genau diese gewünschten Eigenschaften sind es jedoch, die die immer größer werdenden Plastikmüllberge und die damit einhergehende Umweltverschmutzung zu einer der größten Herausforderung unserer Zeit werden lässt. Daher werden neben Strategien zur Plastikmüllvermeidung Verfahren zum Recycling immer bedeutsamer. Wissenschaftler:innen der Universität Leipzig haben nun ein Messverfahren entwickelt, das die Entwicklung mehrfach recyclebaren Kunststoffs beschleunigen soll.
Neben dem energieintensiven chemischen Recycling hat die
Wiederverwertung von Polyestern, wie PET, mit Hilfe von Enzymen in den
vergangenen Jahren in der Forschung großes Interesse geweckt. So wurden
bereits mehrere Enzyme, sogenannte Polyester-Hydrolasen, in Bakterien
und Pilzen entdeckt, die PET-Sorten gut abbauen können. Diese Enzyme
stellen einen vielversprechenden Ansatz zum umweltschonenden Recycling
von PET-Verpackungsmaterialien dar. Durch die enzymatische Aufspaltung
in einzelne PET-Bausteine wird im Gegensatz zu jetzigen
Recycling-Verfahren der Kunststoff nicht verunreinigt, so dass das
Recycling theoretisch wiederholt ohne Qualitätsverlust möglich ist. Für
einen industriellen Einsatz müssen diese Enzyme jedoch noch deutlich
verbessert werden. Dies ist bisher ein sehr langwieriger und manueller
Prozess, bei dem die Enzyme immer wieder verändert und anschließend die
neuen Eigenschaften aufwändig getestet werden müssen. So kann es Jahre
dauern, bis ein Enzym die gewünschte hohe Recycling-Aktivität besitzt.
Um
den Prozess der Entwicklung von neuen, maßgeschneiderten Enzymen zum
Abbau von Kunststoffen zu beschleunigen, haben Wissenschaftler:innen der
Universität Leipzig eine Methode entwickelt, mit der man erstmals die
Arbeit der Enzyme zerstörungs- und markierungsfrei in Echtzeit verfolgen
und quantifizieren kann, so Projektleiter Dr. Heinz-Georg Jahnke,
Leiter der Arbeitsgruppe Molekularbiologisch-biochemische Prozesstechnik
an der Universität Leipzig: „Durch den Einsatz der
Impedanzspektroskopie können viele Proben gleichzeitig analysiert
werden, wie wir in einem ersten Demonstrator erfolgreich zeigen konnten.
Auf Basis unserer Arbeit können jetzt automatisierte Messsysteme gebaut
werden, mit deren Hilfe Kunststoff-abbauende Enzyme in
Hochdurchsatzanalysen schnell und praxisrelevant entwickelt werden. Wir
können mit diesem Verfahren Enzyme an Kunststoff-Proben alltäglicher
Quellen, wie Einwegverpackungen, testen, also unter realen Bedingungen.“
Das sei entscheidend, da sich die Proben realer Gegenstände häufig
deutlich von idealisierten Laborproben hinsichtlich Ihrer Abbaubarkeit
unterscheiden.
Die Wissenschaftler:innen erhoffen sich, dass mit
Hilfe dieses Verfahrens die Entwicklung mehrfach wiederverwendbarer
Kunststoffe in der industriellen Wiederverwertung deutlich beschleunigt
wird. Im nächsten Schritt soll die Technologie daher gemeinsam mit
Industriepartnern zu einem marktfähigen Produkt entwickelt werden, das
in der Forschung und bei Unternehmen zur Suche nach besonders guten
Enzymen zum Abbau von Kunststoffen oder leicht zu recycelbaren neuen
Kunststoffen angewendet werden kann.
Das Verfahren wurde im
Rahmen des interfakultären Transfer-Zentrums für bioaktive Materie
b-ACTmatter entwickelt, welches aus dem Bundesprogramm „Sta?rkung der
Transformationsdynamik und Aufbruch in den Revieren und an den
Kohlekraftwerkstandorten – STARK“ gefördert wird. Ziel des b-ACTmatter
ist die Entwicklung neuer Materialien und Technologien, die zu einer
innovativen, nachhaltigen und kreislauffähigen Entwicklung der
Wirtschaft beitragen. „Insgesamt ist dies ein wichtiger Schritt, der die
Schwelle für die Anwendung neuer Enzyme zum Abbau von Kunststoffen oder
sogar Kunststoffgemischen deutlich senken kann", erklärt Prof. Dr.
Frank Cichos, einer der Leiter des b-ACTmatter. „Wir wollen mit dieser
Technologie aus Sachsen Beiträge zur Lösung großer Umweltprobleme und
zur nachhaltigen Nutzung von Kunstoffen und einer effektiven
Kreislaufwirtschaft leisten“, betont er.
Den Artikel finden Sie unter:
https://www.uni-leipzig.de/newsdetail/artikel/neues-messverfahren-soll-entwicklung-mehrfach-recyclebaren-kunststoffs-beschleunigen-2021-12-17/
Quelle: Universität Leipzig (12/2021)
Publikation: Real-Time Noninvasive Analysis of Biocatalytic PET Degradation https://doi.org/10.1021/acscatal.1c03963
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