Abbau von 3D-Proteinstrukturen: Als Öse eingefädelt |
Ein Eiweiß in unserem Körper kennt den alten Handarbeitstrick: Anstatt das Garn vom Ende her ins Öhr zu fädeln, kann es leichter sein, eine Schlaufe hindurchzuführen. Auf diese Weise arbeitet ein Protein in unserem Körper, das andere Eiweißstrukturen entfaltet oder voneinander trennt. Das hat ein Team aus der Biologie der Universität Duisburg-Essen (UDE) herausgefunden.
Eiweiße, in der Forschung „Proteine“ genannt, sind gleichzeitig
Bausteine und Werkzeuge unserer Zellen und bestehen aus je einem langen
Faden aus Aminosäuren. Erst wenn dieser Faden auf eine bestimmte Art zu
einem Knäuel gefaltet ist, kann ein Protein funktionieren.
Manchmal
muss diese dreidimensionale Struktur wieder aufgelöst werden – vor
allem, wenn Proteine abgebaut werden. Dazu wird der lange Faden aus
Aminosäuren durch eine Art Trichter gefädelt, verliert dabei seine
Knäuel-Form und trennt sich vom Partner-Protein. Dieser Trichter ist
selbst ein Protein namens VCP/p97, das andere Eiweiße durch seinen Kanal
hindurchziehen kann. Es ist wichtig in der zelleigenen
Qualitätskontrolle: Ist ein Protein falsch gefaltet, wird es von VCP/p97
für den darauffolgenden Abbau entfädelt.
„Wir konnten zeigen,
dass das Einfädeln in die Pore des VCP/p97 in mindestens einem Fall
nicht von den Enden her passiert, wie zunächst vermutet. Stattdessen
beginnt es in der Mitte des Proteinfadens, wo eine bestimmte Reihenfolge
von Aminosäuren erkannt wird“, erklärt Erstautor Johannes van den Boom
aus der Molekularbiologie I.
Um das zu beweisen, hat das Team
einen Protein-Ingenieurtrick verwendet für die Strukturen, die nur
wenige millionstel eines Millimeters klein sind: Die Forschenden
verbanden die beiden Enden des zu entfaltenden Aminosäurefadens nahtlos
miteinander, sodass ein Ring entstand. Und tatsächlich – die beiden
untersuchten Proteine wurden dennoch voneinander getrennt.
„Nun
wissen wir, dass VCP/p97 Proteine nicht nur entfalten, sondern auch
voneinander trennen kann und die Pore sogar groß und flexibel genug ist,
den in der Schlaufe doppelt gelegten Aminosäure-Strang aufzunehmen“,
fasst van den Boom zusammen.
Solcherart Grundlagenforschung ist
essenziell, um zelleigene Abläufe im Detail nachzuvollziehen und darauf
aufbauend zum Beispiel neurodegenerativen Erkrankungen besser zu
verstehen.
Den Artikel finden sie unter:
https://www.uni-due.de/2021-11-29-protein-als-schlaufe-eingefaedelt
Quelle: Universität Duisburg-Essen (11/2021)
Publikation: https://www.nature.com/articles/s41594-021-00684-5 |