Simultankonzept beschleunigt Elektrodenherstellung |
Ein innovatives Konzept für die simultane Beschichtung und Trocknung zweilagiger Elektroden haben Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickelt und erfolgreich angewendet. Dadurch gelingt es, Trocknungszeiten auf unter 20 Sekunden zu verkürzen, was gegenüber dem derzeitigen Stand der Technik eine Reduktion auf die Hälfte bis ein Drittel bedeutet – ohne dass es zu Kapazitätseinbußen bei der Batterie kommt. Das Konzept ermöglicht, Lithium-Ionen-Batterien schneller und kostengünstiger zu produzieren. Die Forschenden berichten in der Zeitschrift Energy Technology.
Für die Mobilität der Zukunft haben Elektrofahrzeuge eine zentrale
Bedeutung. Die Nachfrage nach leistungsfähigen und kostengünstigen
Batterien steigt stetig an. In Batterien auf der Basis von Lithium-Ionen
sind die Elektrodenschichten entscheidend, denn diese Aktivmaterialien
speichern die Energie. Die Beschichtung und die anschließende Trocknung
der Elektroden verursachen allerdings einen großen Teil der
Batterieproduktionskosten. Dabei liegt in der Prozess- und
Verfahrungstechnik ein hohes Einsparpotenzial. Forschende der Gruppe
Thin Film Technology (TFT – Technologie dünner Schichten) des KIT unter
Leitung von Professor Wilhelm Schabel und Dr. Philip Scharfer forschen
seit Jahren in diesem Bereich. So gelang es den Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern bereits, die Beschichtungsgeschwindigkeit deutlich zu
steigern . Zudem startete die TFT ein innovatives Trocknungsmanagement .
Nun hat die Gruppe damit neue Ergebnisse erzielt: Die Kopplung der
Prozessschritte Beschichtung und Trocknung führte zu einem
Simultankonzept. In der Zeitschrift Energy Technology stellt die TFT die
Ergebnisse vor. Jana Kumberg, Doktorandin am KIT, war bei der
Publikation federführend. Die Gruppe TFT entwickelt ihre Technologien
zur Elektrodenherstellung in CELEST – Center for Electrochemical Energy
Storage Ulm & Karlsruhe, einer der größten
Batterieforschungsplattformen weltweit.
Kostengünstigere Produktion ermöglicht
„Unsere
Arbeit zeigt, dass wir im Prinzip alle Prozessschritte beherrschen, um
Batterien künftig schneller und damit kostengünstiger zu produzieren,
ohne dass die Qualität darunter leidet“, erklärt Schabel. Bei der
üblichen Elektrodentrocknungszeit von bis zu einer Minute sind bei
Produktionsgeschwindigkeiten von 100 Metern pro Minute (m/min) und mehr
lange Trocknerstrecken erforderlich. Dies ist bei Elektroden mit hohem
Auftragsgewicht technisch kaum realisierbar und zunehmend teuer. Nach
dem neuen Konzept werden für die einzelnen Schichten verschiedene
Aktivmaterialien eingesetzt und simultan appliziert. Eine Schicht ist
für die Adhäsion verantwortlich, eine für die spezifische Kapazität.
Diese Schichtstruktur erlaubt eine Herstellung bei ausgesprochen hoher
Trocknungsrate und auf ein Drittel reduzierten Trocknungszeiten.
Eigenschaften gezielt in den Elektrodenlagen verteilt
Trotz
der reduzierten Trocknungszeit kommt es nicht zu Einbußen bei der
Kapazität und damit der Reichweite der Batterie, auch nicht bei
sogenannten 3C-Zyklen, das heißt Schnellladezeiten von 20 Minuten. In
ihrer Studie brachten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
verschiedene Aktivmaterialien in den Lagen einer Anode über die Dicke
verteilt auf, sodass sich die unterschiedlichen Eigenschaften gezielt in
den Elektrodenlagen verteilten. Die Elektroden lassen sich dadurch
maßschneidern und weisen verbesserte mechanische sowie elektrochemische
Eigenschaften auf. „Wir haben erste vielversprechende Ergebnisse
erzielt“, sagt Schabel. „Nun gilt es, weiter an der industriellen
Verwirklichung zu forschen.“ Derzeit arbeitet die Gruppe an
verschiedenen Möglichkeiten, um das Simultankonzept auf den
industriellen Maßstab zu übertragen. Dazu testet sie die rein konvektive
Trocknung mit Hochleistungsdüsen sowie Lasertrocknungsmodule.
Das
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die
Untersuchungen im Rahmen verschiedener Forschungsclusterprojekte mit
über fünf Millionen Euro. „Unsere Forschungen zeigen, dass es in Zukunft
grundsätzlich möglich sein könnte, das Tempo der Batterieproduktion um
200 bis 300 Prozent zu steigern“, erklärt Schabel. Die Ergebnisse werden
derzeit auch auf andere Materialien übertragen und auch zur Optimierung
von Elektroden für Natrium-Ionen Batterien im Rahmen der Forschung im
Exzellenzcluster POLiS – Post Lithium Storage eingesetzt.
Als
„Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und
vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu
den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern
Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9 600
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis
in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und
Sozialwissenschaften zusammen. Seine 23 300 Studierenden bereitet das
KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf
verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und
Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke
zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen,
wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen
Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.
Den Artikel finden Sie unter:
https://www.kit.edu/kit/pi_2021_095_simultankonzept-beschleunigt-elektrodenherstellung.php
Quelle: Karlsruher Institut für Technologie (10/2021)
Publikation: Jana
Kumberg, Werner Bauer, Joyce Schmatz, Ralf Diehm, Max Tönsmann, Marcus
Müller, Kevin Ly, Philip Scharfer, and Wilhelm Schabel: Reduced Drying
Time of Anodes for Lithium-Ion Batteries through Simultaneous Multilayer
Coating. Energy Technology, 2021. DOI: 10.1002/ente.202100367 https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ente.202100367 |