Wie resistente Keime Gift auf molekularer Ebene transportieren |
Um der zunehmenden Bedrohung durch multiresistente Keime zu begegnen, ist das Verständnis der Resistenzmechanismen zentral. Eine wichtige Rolle dabei spielen Transportproteine. Ein deutsch-britisches Forschungsteam unter Leitung der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) beschreibt nun die dreidimensionale Struktur des Transportproteins Pdr5, das ähnlich auch bei humanpathogenen Pilzen vorkommt. Die Ergebnisse können helfen, Wirkmechanismen gegen gefährliche Erreger zu entwickeln.
Für den klinischen Alltag ist die Resistenz von Mikroorganismen
gegen Wirkstoffe, speziell gegen Antibiotika, ein großes Problem. Die
Zahl resistenter Mikroben nimmt dabei drastisch zu. Aufgrund dessen
können Infektionen inzwischen wieder für Menschen lebensbedrohlich
werden, die bereits mit modernen Medikamenten besiegt schienen. Die
Situation wird weiter dadurch kompliziert, dass vermehrt multiresistente
Keime auftreten, die gleich vor mehreren Antibiotika oder anderen
Wirkstoffen gefeit sind.
Die Forschung untersucht die
Mechanismen, mithilfe derer sich Mikroben gegen die für sie giftigen
Stoffe wappnen. Unter anderem transportieren sie die Giftstoffe aktiv
aus der Zelle heraus, bevor sie Schaden anrichten können. Sie nutzen
dazu spezielle Membrantransportproteine. Insbesondere in eukaryotischen
Mikroben – solchen mit einem Zellkern, im Gegensatz zu den Bakterien,
die keinen Zellkern besitzen – wie Pilzen gehören diese Membranproteine
der Familie der ABC-Transporter („ATP binding cassette“) an; sie
exportieren die Giftstoffe, indem sie den zellulären Energieträger ATP
aufspalten.
Ein deutsch-britisches Forschungsteam unter der
Leitung von Prof. Dr. Lutz Schmitt vom Institut für Biochemie der HHU
stellt in einer aktuellen Publikation in Nature Communications die
dreidimensionale Struktur des ABC-Transporters Pdr5 aus einem Pilz in
mehreren funktionalen Zustände vor. Sie bestimmten diese Strukturen
mithilfe der Einzelpartikel-Kryoelektronenmikroskopie, mit der
insbesondere biologische Moleküle mit höchster Auflösung und in ihrer
natürlichen Form untersucht werden können, indem sie auf tiefe
Temperaturen schockgefroren werden.
Das Forschungsteam zeigte,
dass Pdr5 nicht nur ein zentrales Transportprotein ist, durch das die
Membranprotein-vermittelten Resistenzen bewirkt wird. Anhand der
aufgelösten Strukturen konnte sowohl die Substratbindestelle lokalisiert
als auch der Transportzyklus definiert werden.
Pdr5 stellt seit
mehr als 30 Jahren das Modellsystem für PDR-Proteine aus humanpathogenen
Pilzen – wie etwa Candida albicans, das Candidiasis verursacht – dar.
Die neuen Ergebnisse helfen zu erklären, was auf molekularer Ebene ein
einziges Membranprotein befähigt, viele strukturell unterschiedliche
Moleküle effizient am Eintritt in die Zelle zu hindern bzw. effizient
aus der Zelle herauszutransportieren. Auf dieser Grundlage kann nun
begonnen werden, gezielt neue Wirkstoffe zu designen, die den
Resistenzen entgegenwirken.
Seit fast 20 Jahren forscht die
Arbeitsgruppe von Prof Schmitt daran, die Wirkungsweise des
Transportproteins aufzuklären. Die Strukturaufklärung gelang durch
gemeinsame Arbeit mit der Gruppe um Prof. Dr. Ben Luisi vom Department
of Biochemistry der Universität Cambridge. Ebenfalls an der HHU
beteiligt waren die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Holger Gohlke vom
Institut für Medizinische und Pharmazeutische Chemie und das Center for
Structural Studies
Den Artikel finden Sie unter:
https://www.hhu.de/news-einzelansicht/wie-resistente-keime-gifttransport-auf-molekularer-ebene-transportieren
Quelle: Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (09/2021)
Publikation: Andrzej
Harris, Manuel Wagner, Dijun Du, Stefanie Raschka, Lea-Marie Nentwig,
Holger Gohlke, Sander H. J. Smits, Ben F. Luisi & Lutz Schmitt,
Structure and efflux mechanism of the yeast pleiotropic drug resistance
transporter Pdr5, Nature Communications (2021)12:5254. DOI: 10.1038/s41467-021-25574-8 http://dx.doi.org/10.1038/s41467-021-25574-8 |