Wie eingesperrte Protonen wandern |
Protonen können in wässrigen Lösungen üblicherweise sehr schnell wandern – schneller als andere Ionen. Das gilt allerdings nur, wenn sie mehr als zwei Nanometer Platz haben, wie eine Studie der RUB und der University of California in Berkeley zeigt. Auf engem Raum funktioniert der sogenannte Grotthus-Mechanismus nicht mehr, der Protonen schneller wandern lässt als Ionen, die diffundieren.
Aufgrund des Grotthus-Mechanismus wandern Protonen (H+) und
Hydroniumionen (H3O+) in freien wässrigen Lösungen scheinbar schneller
als andere Ionen. Dabei wandern die einzelnen Protonen gar nicht
wirklich. Es werden stattdessen Bindungen in Hydroniumionen gelöst und
neue Bindungen zu anderen Wassermolekülen geknüpft, sodass nicht ein
einzelnes Proton wandert, sondern Ladungen direkt von einem Wasser auf
das nächste übertragen werden. Das geht schneller als die Diffusion
eines Ions durch die Lösung. Verhalten auf engem Raum wenig untersucht
Viele
Studien haben den Transport von Protonen bislang in freier wässriger
Lösung untersucht. „Im wahren Leben kommen solche Bedingungen aber
relativ selten vor“, sagt Prof. Dr. Martina Havenith, Sprecherin von
RESOLV und eine der Autorinnen der Arbeit. „Meistens finden
Protonen-Transportvorgänge auf sehr engem Raum oder in Nanoporen statt.“
Die daran beteiligten Hydroniumionen definieren den pH-Wert. Der Effekt
der der Raumbegrenzung oder des „Confinements“ ist aber bislang noch
nicht komplett verstanden.
Um das zu ändern, kombinierten die
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bochum und Berkeley
theoretische und experimentelle Methoden miteinander. Sei erzeugten
winzige Wasserpools, deren Größe sie genau kontrollieren konnten. Sobald
der Durchmesser des Tropfens weniger als zwei Nanometer betrug, änderte
sich der Protonen-Transportmechanismus im Experiment und in der
Simulation schlagartig. „Unter zwei Nanometer wird die Protonenwanderung
durch Confinement-Effekte begrenzt, diese wird zunächst erleichtert,
wenn der Pool vergrößert wird“, erklärt Martina Havenith.
„Überraschenderweise fanden wir aber, dass oberhalb von zwei Nanometer,
wo die Bildung von Hydroniumionen möglich ist, es zu einem Protonenstau
kommt.“ Das Proton steckt dann in einem oszillierenden Zustand fest, es
hüpft an der geladenen Oberfläche der Pools vor und zurück, kommt aber
nicht voran, was dazu führt, dass die Leitfähigkeit nicht – wie
ursprünglich erwartet – weiter ansteigt. Kurzschluss im Wasserstoffbrücken-Netzwerk
Neben
der Größe des Pools beeinflusst auch die Säurekonzentration das
Wanderverhalten der Protonen. Erhöhte das Forschungsteam den
Säuregehalt, bildete sich ebenfalls eine Art Kurzschluss im
Wasserstoffbrücken-Netzwerk des Tropfens, sodass das Proton auch nicht
mehr von der Stelle kam, sondern in dem oszillierenden Hüpfzustand
verharrte.
„Das hat Konsequenzen für jedes System, das auf einen
Protonentransport angewiesen ist – denn die Größe des Systems oder die
Protonenkonzentration kann zu einem Stau führen und zum Beispiel die
Signalweiterleitung stören“, folgert Havenith.
Den Artikel finden Sie unter:
https://news.rub.de/wissenschaft/2021-09-08-chemie-wie-eingesperrte-protonen-wandern
Quelle: Ruhr-Universität Bochum (09/2021)
Publikation: Ellen
M. Adams, Hongxia Hao, Itai Leven, Maximilian Rüttermann, Hanna Wirtz,
Martina Havenith, Teresa Head-Gordon: Proton traffic jam: effect of
nanoconfinement and acid concentration on proton hopping mechanism, in:
Angewandte Chemie International Edition, 2021, DOI:
10.1002/anie.202108766 https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/anie.202108766 |