Hitzesommer überleben oder austrocknen? Gene für Dürreresistenz in Buchen identifiziert |
Welche Bäume überstehen trockene Hitzesommer und welche tragen starke Schäden davon? Für Buchen kann man diese Frage nun per Genomanalyse beantworten. Ein Team um Prof. Dr. Markus Pfenninger vom LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik und dem Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum hat geschädigte und gesunde Buchen in Hessen untersucht und Bereiche in deren Erbgut identifiziert, die für Dürreresistenz zuständig sind. Anhand dieser DNA-Abschnitte lässt sich für jeden einzelnen Baum sagen, wie gut er längere Trockenperioden übersteht. Dank gezielter DNA-Tests könnten daher widerstandsfähige Exemplare für die Forstwirtschaft ausgewählt und Buchenwälder für den Klimawandel fit gemacht werden.
Wer im Sommer durch die Wälder streift, sieht immer wieder
braune ausgedörrte Blätter und abgestorbene Äste. Die langen
Trockenperioden 2018 und 2019 haben Spuren hinterlassen. Das beobachtete
auch Prof. Dr. Markus Pfenninger, der am LOEWE-Zentrum für
Translationale Biodiversitätsgenomik und am Senckenberg Biodiversität
und Klima Forschungszentrum forscht und an der Johannes
Gutenberg-Universität Mainz lehrt. Etwas fiel ihm besonders ins Auge:
„In Buchenwäldern sind nicht alle Bäume gleichermaßen geschädigt. Völlig
gesunde stehen unmittelbar neben stark geschädigten Bäumen.“ Solche
ungleichen Paare finden sich in ganz Hessen. Aber wie kann das sein?
Die
Antwort liegt im Erbgut der Bäume, wie eine Studie von Pfenninger und
Kolleg*innen an rund 200 Baumpaaren zeigt. Das Genom der Rotbuchen, also
deren gesamte Erbinformation in Form von DNA, umfasst 542 Millionen
Bausteine. Einige dieser Bausteine sind bei allen Rotbuchen identisch.
Andere unterscheiden sich jedoch von Baum zu Baum. Genau das ist bei
gesunden und stark geschädigten Buchen der Fall, wie die Genomanalyse
zeigt: Rund 100 DNA-Abschnitte sind demnach für die Dürreresistenz
entscheidend. Bei gesunden Bäumen enthalten diese Abschnitte unter
anderem Gene, die aus anderen Pflanzen bekannt sind und eine Reaktion
auf Trockenstress ermöglichen.
„Die individuelle genetische
Ausstattung bestimmt darüber, ob eine Buche längere Trockenperioden gut
übersteht“, sagt Pfenninger. Molekularökologin Dr. Barbara Feldmeyer vom
Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum erläutert: „Wenn
wir einzelne Bäume einordnen, können Forstleute gezielt auf besonders
widerstandsfähige Bäume setzen, etwa zur Aufforstung. So sind
Buchenwälder nachhaltig für den Klimawandel gerüstet.“
Damit das
gelingt, haben die Forscher*innen basierend auf ihren Ergebnissen einen
Test entwickelt, mit dem man Dürreresistenz im Erbgut von Buchen – auch
bereits in deren Samen – nachweisen kann. Beteiligt sind an der Studie
auch Forscher*innen der Justus-Liebig-Universität Gießen, der Johann
Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, der TU Darmstadt und der
Hochschule Geisenheim University.
Die Rotbuche (Fagus sylvatica)
ist in Europa weit verbreitet und der häufigste Laubbaum in den Wäldern
Deutschlands. In Hessen wachsen die sommergrünen Bäume auf rund einem
Drittel der Landeswaldfläche. Buchen kommen mit unterschiedlichen
Standortbedingungen zurecht und spielen eine immer bedeutendere Rolle in
der naturnahen Waldwirtschaft. Sie bieten zudem einen Lebensraum für
mehrere tausend Arten, etwa holzbewohnende Käfer und Larven oder
Spechte, die in Baumhöhlen nisten.
Für die Studie untersuchten
die Forscher*innen um Pfenninger 2019 und 2020 Buchen in ganz Hessen vom
Taunus über das Rhein-Main-Gebiet und den Odenwald bis zum Westerwald
und Nordhessen. An jedem der rund 200 Standorte wählten sie für die
Analyse je einen gesund aussehenden Baum und einen im Schnitt fünf Meter
danebenstehenden Baum mit stark vertrockneten oder fehlenden Blättern
aus. Aus den noch grünen Blättern wurde im Labor die DNA gewonnen.
Basierend auf den Genomdaten wurde der Test mit molekularen Markern für
die Dürreresistenz-Gene entwickelt und an rund 90 Buchen überprüft. Die
Erfolgsquote lag bei 99 Prozent.
„Mit unserer Studie haben wir
die wissenschaftlichen Grundlagen für ein nachhaltiges Management von
Buchenwäldern gelegt, das die natürliche Selektion widerstandsfähiger
Bäume unterstützt“, sagt Pfenninger. „Es geht nun darum, die
Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen, zum Beispiel bei der Überwachung
natürlicher Wälder oder der selektiven Abholzung und Wiederaufforstung.
So können wir dazu beitragen, ein einzigartiges Ökosystem zu erhalten,
das den Klimawandel bereits zu spüren bekommt. Denn der nächste
Hitzesommer wird kommen – früher oder später.“
Den Artikel finden sie unter:
https://www.senckenberg.de/de/pressemeldungen/hitzesommer_ueberleben-oder-austrocknen/
Quelle: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen (06/2021)
Publikation: Markus
Pfenninger, Friederike Reuss, Angelika Kiebler, Philipp Schönnenbeck,
Cosima Caliendo, Susanne Gerber, Berardino Cocchiararo, Sabrina Reuter,
Nico Blüthgen, Karsten Mody, Bagdevi Mishra, Miklós Bálint, Marco
Thines, Barbara Feldmeyer (2021): Genomic basis for drought resistance
in European beech forests threatened by climate change. eLife 10:e65532,
https://doi.org/10.7554/eLife.65532 |