Forschende des Paul Scherrer Instituts PSI haben erstmals untersucht, wie chemische Reaktionen in Wolken das weltweite Klima beeinflussen können. Sie fanden heraus, dass Isopren stark zur Bildung von organischen Aerosolen in Wolken beitragen kann. Isopren ist die dominante organische Nicht-Methan-Verbindung, die in die Atmosphäre emittiert wird.
Aerosole, also ein Gemisch aus festen oder flüssigen Schwebteilchen,
spielen eine wichtige Rolle für das Klima auf der Erde. Aerosole in der
Atmosphäre stammen entweder aus natürlichen oder menschlichen Quellen.
Sie beeinflussen die Strahlungsbilanz der Erde, indem sie mit dem
Sonnenlicht interagieren und Wolken bilden. Ihre exakte Wirkung bleibt
jedoch die bedeutendste Unsicherheit in Klimamodellen.
Eine in
der Atmosphäre sehr häufige Substanz ist das sogenannte Isopren, eine
organische Verbindung, deren Reaktionen innerhalb der Gasphase der
Atmosphäre bereits gut untersucht sind. Isopren wird von Bäumen
abgegeben und kann bei seiner Oxidation Aerosole erzeugen. Wie Isopren
und seine Reaktionsprodukte in Wolkentröpfchen reagieren, ist noch
weitgehend unbekannt. Forschende am Paul Scherrer Institut PSI haben
deshalb eine Art Strömungsreaktor mit benetzten Wänden zusammen mit
modernsten Massenspektrometern eingesetzt, um erstmals unter
atmosphärisch relevanten Bedingungen zu untersuchen, was im Inneren von
Wolken chemisch passieren könnte.
«Unser Versuchsaufbau erlaubt
es uns erstmals, die Verteilung organischer Dämpfe an der
Luft-Wasser-Grenzfläche unter atmosphärennahen Bedingungen genau zu
untersuchen», sagt Houssni Lamkaddam, Forscher im Labor für
Atmosphärenchemie des PSI. «Mit unserer Apparatur können wir nun
simulieren, was in Wolken passiert.»
Was genau passiert in Wolken?
In
der speziellen Apparatur, einem sogenannten Benetzungsreaktor, wird auf
der Innenseite eines Quarzrohrs ein dünner Wasserfilm aufrechterhalten.
In den Glaszylinder wird ein Gasgemisch eingeleitet, das unter anderem
Isopren, Ozon und sogenannte Hydroxylradikale enthält. Um den
Glaszylinder herum sind UV-Lampen installiert, um für einen Teil der
Experimente Tageslichtbedingungen zu simulieren.
Mit diesem
Aufbau zeigen sie, dass sich bis zu 70 Prozent der
Isopren-Oxidationsprodukte im Wasserfilm lösen. Bei der anschliessenden
wässrigen Oxidation der gelösten Substanzen entstehen erhebliche Mengen
an sekundären organischen Aerosolen. Aus diesen Analysen errechneten die
Forscher, dass die chemischen Reaktionen, die in den Wolken ablaufen,
für bis zu 20 Prozent des sekundären organischen Aerosols im globalen
Massstab verantwortlich sind.
«Das ist ein weiterer wichtiger
Beitrag, um die Vorgänge in der Atmosphäre besser zu verstehen»,
resümiert Urs Baltensperger, Forschungsleiter des Labors für
Atmosphärenchemie des PSI. Die Strahlungsbilanz der Erde sei ein sehr
wichtiger Faktor im ganzen Klimageschehen und damit auch beim
Klimawandel. «Und Aerosole spielen dabei eine entscheidende Rolle», so
der Atmosphärenforscher. Während Aerosole Wolkentröpfchen bilden, zeigt
diese Arbeit, dass durch die wässrige Chemie organischer Dämpfe auch
Wolken Aerosole bilden können, ein Prozess, der für Sulfataerosole
bekannt ist, hier aber für die organische Fraktion gezeigt wurde. Der
neue, am PSI entwickelte Versuchsaufbau eröffnet die Möglichkeit, die
Aerosolbildung in Wolken unter atmosphärennahen Bedingungen zu
untersuchen, um diese Prozesse letztlich in Klimamodellen zu
berücksichtigen.
Publikation: Large contribution to secondary organic aerosol from isoprene cloud 1 chemistry H.
Lamkaddam, J. Dommen, A. Ranjithkumar, H. Gordon, G. Wehrle, J.
Krechmer, F. Majluf, D. Salionov, J. Schmale, S. Bjeli?, K. S. Carslaw,
I. El Haddad, U. Baltensperger Science Advances, 24.03.2021 DOI: 10.1126/sciadv.abe2952