Neuartige Blutuntersuchung mittels Infrarotlicht |
Die Zusammensetzung der Moleküle in unserem Blut ist einzigartig, vergleichbar zu einem Fingerabdruck eines Menschen. Verändert sich jedoch der Mix der Moleküle im Organismus könnte dies ein Hinweis darauf sein, dass er erkrankt ist. Voraussetzung einer solchen Diagnose ist es aber, vorab zu wissen ob der so genannte „molekulare Fingerabdruck“ eines Menschen im gesunden Zustand zuvor über längere Zeit stabil war. Eine solche Langzeitstabilität bei gesunden Personen hat nun das Team „Broadband Infrared Diagnostics“ (BIRD) um die Biologin Dr. Mihaela Žigman vom Lehrstuhl für Laserphysik von Prof. Ferenc Krausz am Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und dem Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) in der Zusammenarbeit mit der Medizinerin Prof. Dr. Nadia Harbeck vom LMU Klinikum mit Fourier-Transform Infrarotmessungen (FTIR) nachgewiesen.
Die Forscher zeigten, dass die molekulare Zusammensetzung im Blut
einzelner gesunder Personen über mehrere Monate stabil war und sogar
individuell zugeordnet werden konnte.
Moleküle in unserer
Blutbahn können Aufschluss über unseren Gesundheitszustand geben, vor
allem dann, wenn sich deren typische Zusammensetzung verändert. Die
große Kunst ist es jedoch, diesen Molekülmix exakt zu analysieren, denn
manchmal sind die Konzentrationen von spezifischen Molekülen extrem
gering. Nun hat das interdisziplinäre BIRD-Team unter der Leitung von
Dr. Mihaela Žigman aus der Abteilung von Prof. Dr. Ferenc Krausz an der
LMU in Zusammenarbeit mit der Medizinerin Prof. Dr. Nadia Harbeck vom
Klinikum der LMU untersucht, wie stabil die Zusammensetzung der Moleküle
im Blut bei gesunden Probanden über die Zeit ist.
Mit Hilfe von
Fourier-Transform Infrarotmessungen (FTIR) haben die Forscher
Fingerabdrücke von Blutserum- und Plasmaproben von 31 gesunden Personen
über den klinisch relevanten Zeitraum von einem halben Jahr lang
untersucht. Dabei zeigte sich, dass der molekulare Fingerabdruck eines
jeden Probanden über einige Tage, Wochen und sogar Monate stabil war und
individuell zugeordnet werden konnte. Â
„Diese bisher
unbekannte zeitliche Stabilität einzelner biochemischer Fingerabdrücke
bildet die Grundlage für künftige Anwendungen des blutbasierten
Infrarot-Spektral-Fingerabdrucks als verlässliche Art der
Gesundheitsüberwachung“, freut sich BIRD-Gruppenleiterin Mihaela Žigman.
Fourier-Transform
Infrarotmessungen, die mit konventionellem Licht arbeiten, könnten
künftig von Infrarotlaser-basierten Messungen abgelöst werden. Diese Art
der Analyse von Molekülen im Blut wäre aufgrund der enormen Stärke des
Laserlichts exakter als die bisher verwendete FTIR-Methode. An
entsprechenden Lasertechnologien arbeiten die Physiker im attoworld-Team
von Prof. Ferenc Krausz. Mit Hilfe einer neu entwickelten
Infrarot-Lasertechnologie bringen die attoworld-Forscher Moleküle zum
Schwingen und damit zum eigenständigen Aussenden von Licht. Diese
elektromagnetischen Schwingungen ordnen die Forscher präzise den
Bestandteilen der Bioflüssigkeiten zu. So detektieren sie
spektroskopisch selbst winzige Konzentrationen einzelner Molekülarten
(Nature 2. Januar 2020, doi 10.1038/s41586-019-1850-7).
„Mit
unseren Lasern können wir bereits elektrische Signale aus Molekülen mit
einer sehr hohen Empfindlichkeit nachweisen“, erklärt Ferenc Krausz.
„Diese präzise Messung von Veränderungen in der molekularen
Zusammensetzung von Körperflüssigkeiten, gepaart mit dem Wissen über den
stabilen Molekularen Fingerabdruck bei gesunden Menschen, eröffnet neue
Möglichkeiten in der Biologie und Medizin.“, erklärt Marinus Huber, der
Erstautor der Studie. „Diese Ergebnisse demonstrieren die Möglichkeit
von effizienten, wiederholten und minimal-invasiven Messungen von
blutbasierten Infrarot-Fingerabdrücken und bilden damit die Grundlage
für zukünftige Anwendungen zur Überwachung des menschlichen
Gesundheitszustands und damit zur Früherkennung von Krankheiten. Damit
eröffnen sich neue Möglichkeiten für die Zukunft der Systembiologie und
des Gesundheitswesens und tragen dazu bei, die Zukunft der präventiven
modernen Medizin zu gestalten.“ ergänzt Mihaela Žigman.
Den Artikel finden Sie unter:
https://www.mpq.mpg.de/6442345/03-innovative-blood-test-based-on-infrared-light?c=2337
Quelle: Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) (03/2021)
Publikation: Marinus
Huber, Kosmas V. Kepesidis, Luidmila Voronina, Maša Boži?, Michael
Trubetskov, Nadia Harbeck, Ferenc Krausz, Mihaela Žigman Stability of person-specific blood-based infrared molecular fingerprints opens up prospects for health monitoring Nature Communications 12, 1511 (2021). https://dx.doi.org/10.1038/s41467-021-21668-5 |