Hyperpolarisierte Protonen-Bildgebung zur Beobachtung von Stoffwechselprozessen in Echtzeit
Die Magnetresonanztomografie (MRT) ist in der Medizin ein weitverbreitetes bildgebendes Verfahren. Ein neues Feld, sowohl für die Forschung als auch für die Anwendung, ist die hyperpolarisierte Magnetresonanztomografie. Wissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und des Helmholtz-Instituts Mainz (HIM) haben eine neue Technik vorgestellt, mit der Stoffwechselprozesse im Körper beobachtet werden können. Die Singulett-Kontrast-Magnetresonanztomografie nutzt dabei einfach herzustellenden Parawasserstoff, um biochemische Prozesse in Echtzeit zu verfolgen. Die Arbeit wurde in der Angewandten Chemie veröffentlicht und von den Herausgebern als "Hot Paper" ausgewählt – als wichtige Veröffentlichung auf einem sich schnell entwickelnden Gebiet von großer Bedeutung.
Die MRT oder Kernspintomografie hat sich in den vergangenen
Jahrzehnten zu einer Standardmethode für medizinische Untersuchungen
entwickelt. Mit ihr lassen sich Weichteile des Körpers wie das Gehirn,
Bandscheiben oder auch die Bildung von Tumoren untersuchen. "Die
MRT-Aufnahmen zeigen uns zum Beispiel die Struktur des Gehirns, aber sie
sagen uns nichts über die biomolekularen Vorgänge im Körper, auch weil
die Empfindlichkeit der MRT so gering ist", erklärt Dr. James Eills,
Erstautor der Veröffentlichung und Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe von
Prof. Dr. Dmitry Budker an der JGU und dem HIM.
Wasserstoffatome anstelle von Kohlenstoff- oder Stickstoffisotopen verwendet
Eine
Möglichkeit, die MRT-Signale erheblich zu verbessern, ist die
Hyperpolarisation – eine Methode, um die einheitliche Ausrichtung der
signalgebenden Kernspins in einem äußeren Magnetfeld zu erhöhen. Die
hyperpolarisationsverstärkte Kernspintomografie wird bereits zur
Untersuchung biomolekularer Prozesse im Körper eingesetzt, allerdings
unter Verwendung des Kohlenstoffisotops C-13 oder des Stickstoffisotops
N-15, womit gewisse Nachteile verbunden sind. "Es wäre daher von großem
Vorteil, wenn wir direkt Wasserstoffatome einsetzen könnten. Wasserstoff
hat eine bessere Empfindlichkeit, kommt häufiger vor und die Geräte zur
Detektion sind ohne Weiteres verfügbar", so Eills. Gegen Wasserstoff
spricht jedoch seine schnelle Relaxation. Das heißt die
hyperpolarisierten Atome gehen so schnell in ihren ursprünglichen
Zustand zurück, dass es auf dieser Basis schwierig ist, Bilder zu
erstellen.
Dieses Problem gingen Eills und seine Forscherkollegen
an, indem sie Wasserstoffmoleküle im Singulett-Zustand, sogenannten
Parawasserstoff, verwendeten. "Damit können wir die Nachteile
überwinden, insbesondere die schnelle Relaxation", so Eills. Während
Wasserstoff normalerweise eine Relaxationszeit von wenigen Sekunden hat,
kann sie bei Parawasserstoff minutenlang anhalten. Der
Singulett-Zustand ist außerdem nicht magnetisch und damit nicht
beobachtbar. Erst wenn die Symmetrie des Moleküls gebrochen wird, lässt
es sich beobachten.
Beispiel Fumarat: Hyperpolarisation wird durch den Metabolismus freigesetzt
In
der vorliegenden Studie haben die Forschungspartner die
Singulett-Kontrast-MRT mit Fumarat demonstriert, einem Biomolekül, das
als Zwischenprodukt im Stoffwechsel vorkommt. Zunächst wird Fumarat aus
einem Vorläufermolekül und Parawasserstoff hergestellt. Das
hyperpolarisierte Fumarat wird dann zu Malat umgewandelt, indem ein
Wassermolekül zugefügt wird. Bei dieser Umwandlung wird die Symmetrie
des Moleküls gebrochen, es wird magnetisch und kann beobachtet werden.
"Diese magnetischen Signale können wir für die Bildgebung verwenden",
erklärt Eills.
Fumarat gilt – allerdings mit dem Isotop C-13 –
als wichtiges Molekül für die hyperpolarisierte Bildgebung. Die jetzige
Arbeit eröffnet die Möglichkeit, die Fumarat-Bildgebung mit allen
Vorteilen durchzuführen, die sich aus der Beobachtung von Wasserstoff
anstelle von Kohlenstoff-13 ergeben. Parawasserstoff wäre jedoch auch
wegen seiner einfachen Herstellung vorteilhaft: Wasserstoffgas wird dazu
in Anwesenheit eines Katalysators abgekühlt, der Katalysator wird
entfernt und der entstandene Parawasserstoff kann dann aufgewärmt werden
– und bleibt im Para-Zustand monatelang stabil.
"Die
hyperpolarisierte Kernspintomografie ist noch in einem frühen Stadium
ihrer Entwicklung und wir steuern hier eine spannende neue MRT-Variante
bei", erklärt Eills. Dadurch kann man auf einfache Weise Bilder des
hyperpolarisierten Signals zu verschiedenen Zeitpunkten aufnehmen, was
eine Echtzeitverfolgung von Stoffwechselprozessen ermöglicht.
"Die
Kombination der Parawasserstoff-induzierten Kernspinpolarisation mit
langlebigen Spin-Zuständen und enzymatischer Umwandlung bricht endlich
die Tür zu einer kosteneffizienten Magnetresonanz-Bildgebung von Fumarat
und verwandten Tumormarkern im Krebsstoffwechsel auf", sagt Prof. Dr.
Gerd Buntkowsky, Co-Autor der Arbeit von der TU Darmstadt.
Quelle: Johannes Gutenberg-Universität Mainz (03/2021)
Publikation: J.
Eills et al., Singlet?Contrast Magnetic Resonance Imaging: Unlocking
Hyperpolarization with Metabolism, Angewandte Chemie International
Edition, 19. Dezember 2020, DOI: 10.1002/anie.202006266 https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/anie.202014933
J.
Eills et al., Singulett?Kontrast?Magnetresonanztomographie: Freisetzung
der Hyperpolarisation durch den Metabolismus, Angewandte Chemie, 19.
Dezember 2020, DOI: 10.1002/ange.202014933 https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ange.202014933