Richtungsweisendes Molekül auf dem Weg in den Quantencomputer |
In Quantencomputern werden keine elektrischen Schaltkreise ein- oder ausgeschaltet, sondern stattdessen quantenmechanische Zustände verändert. Dafür braucht es geeignete chemische Verbindungen. Einem Forschungsteam der Universität Jena und der Universität Florenz ist es nun gelungen, eine solche Verbindung herzustellen. Das Besondere daran: Ihre quantenmechanischen Eigenschaften sind unterschiedlich, je nachdem aus welcher Richtung auf die Verbindung geschaut wird.
„Richtungsweisende“ Eigenschaften
„Wenn ich einen
Kristall in der Hand halte und aus verschiedenen Perspektiven betrachte,
dann sieht er auf jeder Seite anders aus“, erklärt Benjamin Kintzel,
der die Substanz am Institut für Anorganische und Analytische Chemie der
Universität Jena hergestellt hat. „Deswegen war es auch so ein Erfolg,
tatsächlich Kristalle der neuen Verbindung herzustellen und untersuchen
zu können. Die Moleküle in einem Kristall sind regelmäßig angeordnet.
Deshalb sind auch die quantenmechanischen Eigenschaften der Moleküle
abhängig davon, wie der gesamte Kristall im Raum orientiert ist. Durch
die unterschiedliche Orientierung im Raum und den entsprechenden
Blickwinkel ist es möglich, die besonderen quantenmechanischen Effekte
genau und von allen Seiten zu untersuchen.“
Elektrisch steuerbare Quantenbauteile
Der
Effekt, den das Team um Prof. Dr. Winfried Plass von der Universität
Jena untersuchte, war die magnetische Wechselwirkung zwischen den
Elektronen dreier Kobalt-Atome, die in dem neuartigen Molekül zu einem
gleichseitigen Dreieck angeordnet sind. Darüber berichten sie in der
renommierten Fachzeitschrift „Angewandte Chemie“.
„Grob
vereinfacht gesagt, sind Elektronen elektrisch geladene
Quanten-Teilchen, die sich bewegen“, beschreibt Plass die verwendete
Methode, die auch Elektronenspin-Resonanz genannt wird. „Ihre
quantenmechanischen Zustände können durch magnetische Felder geschaltet
werden. Das lässt sich auch bei Elektronen untersuchen, die sich in
Molekülen befinden. Nicht nur das: Wir können diese Eigenschaft unter
bestimmten Bedingungen durch das Anlegen von elektrischen Feldern
steuern. Um sie künftig als Recheneinheit in einem Quantencomputer
einzusetzen, ist das ein entscheidender Vorteil, denn die Technik, um
elektrische Felder gezielt anzulegen, ist weit entwickelt.“
Kintzel
ergänzt: „Es ist aber nicht so, dass in so einem Computer dann einfach
ein Kristall stecken würde. Einzelne Moleküle würden genügen, die auf
einer Oberfläche entsprechend angeordnet – und in unserem Fall auch
räumlich orientiert – wären. Hieraus ließen sich noch einmal völlig neue
Eigenschaften erschließen.“ Solche Perspektiven können nun anhand der
neuen Kobaltverbindung genauer untersucht und verstanden werden.
Den Artikel finden Sie unter:
https://www.uni-jena.de/210225_Plass
Quelle: Friedrich-Schiller-Universität Jena (03/2021)
Publikation: B.
Kintzel, M. Fittipaldi, M. Böhme, A. Cini, L. Tesi, A. Buchholz, R.
Sessoli, W. Plass: Spin?Electric Coupling in a Cobalt(II)?Based Spin
Triangle Revealed by Electric Field?Modulated ESR, Angewandte Chemie
International Edition (2021). DOI: 10.1002/anie.202017116 |