Kunststoffe nachhaltiger recyceln |
Kunststoffe sind allgegenwärtig, sie zählen zu den verbreitetsten Werkstoffen überhaupt. Eine effiziente Wiederverwertung dieser wichtigen Materialien erfolgt bislang allerdings nur bedingt. Um hierfür neue Lösungen zu bieten, entwickelten Chemiker der Universität Konstanz um Prof. Dr. Stefan Mecking ein nachhaltigeres Verfahren für das chemische Recycling von polyethylenartigen Kunststoffen. Die Forscher nutzen dabei „Sollbruchstellen“ auf molekularer Ebene, um den Kunststoff in seine molekularen Bestandteile zu zerlegen. Das neue Verfahren kommt ohne extreme Temperaturen aus, ist dadurch energiesparender und hat eine deutlich höhere Rückgewinnungsquote (von rund 96 Prozent des Ausgangsstoffes) als etablierte Verfahren.
Mechanisches Recycling vs. chemisches Recycling
„Einer
direkten Wiederverwendung von Kunststoffen steht oft im Wege, dass
dieses sogenannte mechanische Recycling in der Praxis nur eingeschränkt
funktioniert – weil die Kunststoffe verunreinigt und mit Zusätzen
vermischt sind, was die Eigenschaften des rezyklierten Materials
verschlechtert“, schildert Stefan Mecking. Eine Alternative ist
„chemisches Recycling“: Darin wird der gebrauchte Kunststoff durch ein
chemisches Verfahren in seine molekularen Grundbausteine zurückgebaut.
Aus diesen kann dann wieder ein neuer Kunststoff synthetisiert werden.
Hürden des chemischen Recyclings von Polyethylen
Speziell
im Fall von Polyethylen – dem am meisten verwendeten Kunststoff – ist
chemisches Recycling jedoch aufwändig. Kunststoffe bestehen auf
molekularer Ebene aus langen Molekülketten. „Die Polymerketten von
Polyethylenen sind sehr stabil und nicht so leicht wieder in kleine
Moleküle zurückzuführen“, erläutert Stefan Mecking. So sind Temperaturen
von über 600 Grad Celsius erforderlich, was das Verfahren
energieaufwändig macht. Zugleich ist die Rückgewinnungsquote begrenzt
(teils weniger als zehn Prozent des Ausgangsstoffes).
Wie chemisches Recycling von Polyethylen nachhaltiger werden kann
Stefan
Mecking und sein Team berichten nun über ein Verfahren, mit dem
polyethylenartige Kunststoffe sehr viel energiesparender und mit einer
hohen Rückgewinnungsquote von rund 96 Prozent des Ausgangsstoffes
chemisch rezykliert werden können. Die Chemiker nutzen hierfür
„Sollbruchstellen“ auf molekularer Ebene, welche ein Auftrennen der
Polymerkette in kleinere molekulare Bausteine ermöglichen. „Der
Schlüssel für unser Verfahren sind Kunststoffe mit einer geringen Dichte
an Sollbruchstellen in der Polyethylenkette, so dass die kristalline
Struktur und die Materialeigenschaften nicht beeinträchtigt werden“,
erläutert Stefan Mecking und ergänzt: „Diese Klasse von Kunststoffen ist
ferner gut für den 3D-Druck geeignet.“
Das Forschungsteam um
Stefan Mecking demonstrierte das chemische Recycling-Verfahren an
polyethylenartigen Kunststoffen auf Pflanzenölbasis. Für das Verfahren
sind lediglich Temperaturen von rund 120 Grad nötig. Die Chemiker
zeigten zudem auch das chemische Recycling aus Gemischen mit anderen
Kunststoffen, wie sie in Abfallströmen vorkommen. Die wiedergewonnen
Materialien sind in ihren Eigenschaften dem Ausgangsmaterial ebenbürtig,
schildert Stefan Mecking. „Die Recyclingfähigkeit ist ein wichtiger
Aspekt von Zukunftstechnologien auf Kunststoffbasis. Es ist sehr
sinnvoll, solch wertvolle Materialien möglichst effizient
wiederzuverwenden. Mit unserer Forschung möchten wir einen Beitrag
leisten, um chemische Recyclingverfahren bei Kunststoffen nachhaltiger
und ergiebiger zu gestalten“, resümiert Stefan Mecking.
Den Artikel finden Sie unter:
https://www.uni-konstanz.de/universitaet/aktuelles-und-medien/aktuelle-meldungen/aktuelles/kunststoffe-nachhaltiger-recyceln/
Quelle: Universität Konstanz (02/2021)
Publikation: Closed-loop recycling of polyethylene-like materials Manuel Häußler, Marcel Eck, Dario Rothauer & Stefan Mecking ; Nature volume 590, pages423–427(2021) https://www.nature.com/articles/s41586-020-03149-9 |