Zusammenhang zwischen Zellstoffwechsel und Zellteilung
Viele biologische Abläufe unterliegen rhythmischen Veränderungen. Bekannte Beispiele hierfür sind etwa der sogenannte zirkadiale Rhythmus, eine „innere Uhr“ mit etwa 24-stündiger Periode, oder der etwas kürzere, ultradiane Rhythmus. Oft ist die Zellteilung mit diesem Rhythmus gekoppelt. Biologen aus Saarbrücken und Kaiserslautern haben nun herausgefunden, dass dieser Rhythmus und dessen Kopplung mit der Zellteilung eng mit Wasserstoffperoxid zusammenhängt.
Die Abläufe in Lebewesen folgen, bis hin zur molekularen Ebene,
einer fein orchestrierten Choreographie. Von großer Bedeutung für diese
Abläufe im Körper sind auch streng vorgegebene Rhythmen, denen bestimmte
Kreisläufe folgen. So spielt zum Beispiel der rund 24 Stunden
andauernde zirkadiane Zyklus, eine Art „innere Uhr“, für Stoffwechsel-
und Zellteilungsmechanismen in den Zellen eine wichtige Rolle.
Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler aus Saarbrücken und Kaiserslautern haben nun einen
ähnlichen Zyklus, den etwas kürzeren ultradianen Zyklus der Bäckerhefe
genauer unter die Lupe genommen. „Es sind längst noch nicht alle Details
zu den molekularen Mechanismen, die die zirkadianen Rhythmen steuern,
erforscht und geklärt“, sagt Dr. Prince Saforo Amponsah, Biochemiker im
Molekulargenetik-Labor der TUK und Erstautor der Arbeit. „Unsere
Forschung ist jedoch ein wichtiger Teil zur Lösung dieses Puzzles.“
Unter
Federführung von Bruce Morgan, Professor für Biochemie an der
Universität des Saarlandes, haben die Fachleute untersucht, was im
Modellorganismus Bäckerhefe geschieht, wenn man den Stoffwechsel der
Zellen gezielt verändert. Bisher bekannt war, dass die
Stoffwechselabläufe und die Zellteilungs-Zyklen in gesunden Zellen oft
synchron nach genau solchen Rhythmen ablaufen. Bisher unbeantwortet war,
ob rhythmische Änderungen im Stoffwechsel Grund oder Folge von
Zellteilung sind.
Mithilfe von neuartigen fluoreszierenden
Sensoren haben die Wissenschaftler rhythmische Änderungen des
Wasserstoffperoxid-Spiegels beobachten können. Wasserstoffperoxid war
lange Zeit eher bekannt dafür, dass es Zellen stresst und schädigt. „Wir
haben dazu das Protein Peroxiredoxin und seine Reaktion mit untersucht
sowie die Folgen auf den Zellteilungs-Zyklus der Zellen“, erklärt Bruce
Morgan. Denn das Protein Peroxiredoxin reagiert sehr empfindlich auf
Wasserstoffperoxid und bietet sich deshalb besonders gut an, um den
komplexen Mechanismus der „inneren Uhr“ der Zellen weiter zu verstehen.
Die
Frage, ob eine Änderung dieses Rhythmus' Grund oder Folge einer
Stoffwechseländerung ist, konnten die Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler nun offenbar beantworten: „Wir konnten feststellen, dass
die Kopplung zwischen Stoffwechsel und Zellteilung unterbrochen wird,
wenn wir das Peroxiredoxin in Bäckerhefe inaktivieren“, erläutert
Biochemiker Morgan, der als Juniorprofessor an der TUK forschte, bevor
er kürzlich ins Saarland wechselte. Die Zellteilung läuft dann
entkoppelt vom Stoffwechsel der Zellen ab. Darüber hinaus konnten die
Forschenden exakt steuern, wann die Zellen in den Zellteilungszyklus
ein- und austreten, indem sie die Stoffwechselzyklen präzise gesteuert
haben.
„Wir können nun erstmals belegen, dass Peroxiredoxine eine
entscheidende Rolle in der zellulären Zeitmessung spielen, indem sie
Wasserstoffperoxid als Brennstoff nutzen, um ihre Funktion als Taktgeber
zu erfüllen“, sagt Amponsah, der die Forschung für seine Promotion an
der TUK durchgeführt hat. „Das ist die Krönung von rund vier Jahren
harter Arbeit und einem Jahr Peer-Review. Es hat mir wirklich Spaß
gemacht, an diesem Projekt zu arbeiten, weil es viele Innovationen und
neue Erkenntnissen hervorgebracht hat."
Diese grundlegenden
Erkenntnisse der Forschenden könnten wichtig sein, um die
unkontrollierte Zellteilung in Tumorzellen besser zu verstehen. Es ist
bekannt, dass die Zellteilung in Krebszellen häufig von der circadianen
Uhr entkoppelt ist. Es wird in Zukunft äußerst interessant sein, zu
untersuchen, ob eine gestörte Wasserstoffperoxid-Regulierung daran
beteiligt ist.
An der Forschung ebenso beteiligt waren Prof.
Zuzana Storchová, die das Molekulargenetik-Labor der TUK leitet, und Dr.
Galal Yahya Metwally, Humboldt-Stipendiat und Gastwissenschaftler in
ihrer Arbeitsgruppe. „Diese Zusammenarbeit zeigt, wie die Kombination
verschiedener Ansätze neue Erkenntnisse zu alten Fragen bringt“, sagt
Storchová. „Wir hoffen, dass unser Modellsystem in Anwendung künftig
weitere Erkenntnisse darüber bringen wird, wie der Zellzyklus mit dem
Takt der Stoffwechseluhr synchronisiert ist.“
Quelle: Technische Universität Kaiserslautern (02/2021)
Publikation: Amponsah,
P.S., Yahya, G., Zimmermann, J., Mai, M., Mergel, S., Mühlhaus, T.,
Storchova, Z. and Morgan, B. Peroxiredoxins couple metabolism and cell
division in an ultradian cycle. Nat Chem Biol (2021). https://doi.org/10.1038/s41589-020-00728-9