Zentraler Adhäsionskomplex durch neues Analyseverfahren nachgewiesen |
Die Zellen von Organismen sind aus Untereinheiten aufgebaut, die sich aus einer Vielzahl einzelner Moleküle zusammensetzen. Wie sich diese unterschiedlichen Proteine auf molekularer Ebene anordnen, ist in vielen Fällen allerdings noch unverstanden, da es an geeigneten Analyseverfahren mangelt. Forscherinnen und Forscher an der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster haben nun in Zusammenarbeit mit Kollegen am Max-Planck-Institut für Biochemie, München, ein Verfahren entwickelt, mit dem sich die Anordnung und die Dichte von einzelnen Proteinen in Zellen bestimmen lassen.
Durch die Anwendung der neuen Analysemethode wies das Team einen Komplex
aus drei sogenannten Adhäsionsproteinen nach, der für die Fähigkeit von
Zellen, sich im Gewebe anheften zu können, eine zentrale Rolle zu
spielen scheint. Die Studienergebnisse wurden jetzt in der
Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.
Hintergrund und Methode
Die
Anheftung („Adhäsion“) von Zellen wird durch multi-molekulare
Adhäsionskomplexe vermittelt, die aus Hunderten von verschiedenen
Proteinen aufgebaut sind. Durch die Entwicklung von
Superauflösungs-Mikroskopieverfahren, für die 2014 der Nobelpreis
verliehen wurde, konnten in den vergangenen Jahren grundlegende
Organisationsstrukturen innerhalb dieser Komplexe nachgewiesen werden.
Allerdings blieb unklar, wie einzelne Proteine miteinander interagieren
und funktionelle Organisationseinheiten bilden. Die Arbeitsgruppen um
Prof. Dr. Carsten Grashoff an der WWU Münster am Institut für molekulare
Zellbiologie und Prof. Dr. Ralf Jungmann vom Max-Planck-Institut für
Biochemie haben nun ein Verfahren entwickelt, mit der die Untersuchung
und quantitative Analyse solcher Organisationen selbst in molekular
dichten Untereinheiten möglich ist.
„Die wesentliche Limitation
selbst der besten hochauflösenden Mikroskopie-Techniken ist, dass nie
wirklich alle Moleküle einer Population sichtbar gemacht werden können.
Daher war es nahezu unmöglich, qualitative Aussagen zu molekularen
Komplexbildungsprozessen zu machen“, erläutert Lisa Fischer, Doktorandin
in der AG Grashoff und Erstautorin der Studie. Die neue Methode könne
diese Problematik nun umgehen, indem sie experimentelle Untersuchungen
mit Computersimulationen kombiniere.
„Durch die Anwendung des
neuen Verfahrens konnten wir einen Nachweis für die Existenz eines lang
postulierten, aus drei Proteinen bestehenden Adhäsionskomplexes liefern.
Wir wussten zwar bereits, dass jedes dieser Moleküle eine wichtige
Rolle für die Adhäsion von Zellen spielt. Aber es war nicht klar, dass
diese drei Proteine sich auch tatsächlich zu einem Komplex vereinen“,
unterstreicht Lisa Fischer. Die Daten zeigten, dass die Kenntnis solcher
Prozesse wichtig sei, um die Biologie von Zellen wirklich verstehen zu
können. Da die Methode breit anwendbar ist, gehen die Forscher davon
aus, dass viele weitere zelluläre Prozesse mit dem neuen
Analyseverfahren untersucht werden können.
Den Artikel finden Sie unter:
https://www.uni-muenster.de/news/view.php?cmdid=11544
Quelle: Westfälische Wilhelms-Universität Münster (02/2020)
Publikation L.S.
Fischer, C. Klingner, T. Schlichthaerle, M.T. Strauss, R. Böttcher, R.
Fässler, R. Jungmann, C. Grashoff. Quantitative single-protein imaging
reveals molecular complex formation of integrin, talin, and kindlin
during cell adhesion. Nature Communications 12, 919 (2021). DOI:
10.1038/s41467-021-21142-2 https://www.nature.com/articles/s41467-021-21142-2 |