Neutronen zeigen tatsächliche Verteilung von Lithium und Elektrolyt in Lithium-Ionen-Zellen |
Im Handy, Laptop oder auch im Elektroauto: überall verwenden wir Lithium-Ionen-Akkus. Doch nach einiger Zeit verlieren sie an Kapazität. Daher untersuchte ein deutsch-amerikanisches Forschungsteam den Aufbau und die Funktionsweise dieser Akkus mit Neutronenbeugung. Dabei fanden Sie heraus, dass Zersetzungsprodukte der Elektrolytflüssigkeit das bewegliche Lithium im Akku abfangen und dass Lithium in der Zelle überraschend ungleich verteilt ist.
Die hervorragenden Eigenschaften des Lithium-Ionen-Akkus haben
das tägliche Leben wie sonst wenige andere Erfindungen geprägt. Jedoch
treten mit der Zeit Effekte auf, welche die Speicherfähigkeit der Akkus
nach und nach verringern.
An der Forschungs-Neutronenquelle Heinz
Maier-Leibnitz (FRM II) der Technischen Universität München ging Dr.
Anatoliy Senyshyn, Instrumentwissenschaftler am Pulverdiffraktometer
SPODI, den Ursachen auf den Grund, indem er Neutronenstreuung als
Werkzeug nutzte, um zylindrische Lithium-Ionen-Akkus zu analysieren.
Zusammen
mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sucht er
Antworten auf grundsätzliche Fragen zum Aufbau und Verhalten von
Lithium-Ionen-Akkus: Warum reduziert sich die verfügbare Kapazität mit
der Zeit? Wie ist das Lithium im Akku verteilt?
Weshalb untersucht man einen Akku mit Neutronen?
Die
Abläufe im Inneren einer Lithium-Ionen-Zelle, wie beispielsweise ein
sich zersetzender Elektrolyt oder die Verteilung des Lithiums, die
während des Auf- und Entladens ablaufen, lassen sich außerhalb der Zelle
aufgrund der hohen Reaktivität der Zellbestandteile gegenüber
Sauerstoff und Luftfeuchtigkeit nur schwer beobachten.
Neutronen
sind besonders empfindlich gegenüber leichten Elementen, wie
beispielsweise Wasserstoff und Lithium. Sie können das Lithium daher
auch im Inneren einer Zelle sichtbar machen, was Untersuchungen unter
realen Betriebsbedingungen ermöglicht.
Neutronen bieten zudem den
Vorteil, dass sie zerstörungsfrei messen. So können die Forscherinnen
und Forscher Vorgänge in der Batterie von außen beobachten, ohne in das
empfindliche System einzugreifen.
Warum sinkt die Kapazität?
Bei
Lithium-Ionen-Zellen entsteht ein Stromfluss dadurch, dass ein
Lithiumatom ein Elektron abgibt und dieses Elektron durch das
angeschlossene Gerät fließt. Innerhalb der Zelle wandert gleichzeitig
ein Lithium-Ion von einer Elektrode zur anderen. Es stehen also immer
nur so viele Elektronen wie Lithium-Ionen zur Verfügung. Verliert der
Akku an Kapazität, so ist dies damit gleichzusetzen, dass Lithium
„verloren“ geht. Doch wohin verschwindet es?
Die
Neutronenstreuexperimente an den Instrumenten STRESS-SPEC und SPODI
zeigten einen linearen Zusammenhang zwischen dem Verlust von beweglichen
Lithium-Ionen und der Zersetzung des Elektrolyten, die beispielsweise
beim Laden als ungewollte Nebenreaktion stattfindet.
Die dabei
entstehenden Zersetzungsprodukte des Elektrolyten lagern Lithiumatome
ein, welche dann nicht mehr als bewegliches Lithium zur Verfügung
stehen, um zwischen den beiden Elektroden ausgetauscht zu werden. So
verliert der Akku an Kapazität: er altert.
Wie ist das Lithium verteilt?
Bei
theoretischen Modellen, Berechnungen oder Messungen wurde bisher meist
von einer gleichmäßigen Verteilung des Lithiums ausgegangen. Die
Untersuchungen ergaben jedoch, dass das Lithium von Anfang an sehr
ungleich verteilt ist und die Inhomogenität mit der Zeit sogar noch
steigt.
Die Modellierung von Lithium-Ionen-Zellen kann also
deutlich verbessert werden, wenn Entwickler diese ungleiche
Lithium-Verteilung berücksichtigten. Basierend auf der Verteilung des
Lithiums können zudem Aussagen über die Speicherfähigkeit der
Lithium-Ionen-Zelle getroffen werden. Diese Ergebnisse sind eine
wichtige Basis, um zukünftige Akkus effizienter, langlebiger und
leistungsstärker zu machen.
Den Artikel finden Sie unter:
https://www.tum.de/nc/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/details/36443/
Quelle: Technische Universität München (02/2020)
Publikation: Dominik
Petz, Martin J. Mühlbauer, Alexander Schökel, Klaus Achterhold, Franz
Pfeiffer, Thilo Pirling, Michael Hofmann, and Anatoliy Senyshyn Heterogeneity of graphite lithiation in state-of-the-art cylinder-type Li-ion cells Batteries and Supercaps, 28. Okt. 2020 – DOI: 10.1002/batt.202000178
M.J. Mühlbauer, D. Petz, V. Baran, O. Dolotko, M. Hofmann, R. Kostecki, A. Senyshyn Inhomogeneous distribution of lithium and electrolyte in aged Li-ion cylindrical cells Journal of Power Sources, 475 (2020) 228690 – DOI: 10.1016/j.jpowsour.2020.228690 |