Forscher stellen gefragte Nanopartikel her und klären erstmals ihre Struktur auf |
Winzige Nanopartikel lassen sich mit Farbstoffen ausstatten und könnten für neue bildgebende Verfahren genutzt werden. Hergestellt haben diese Chemiker und Physiker der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Die Forscher haben auch erstmals die besondere Struktur der Partikel vollständig aufgeklärt. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift "Angewandte Chemie" veröffentlicht.
Sogenannte Single-Chain Nanoparticles (SCNPs), also sehr kleine,
einkettige Nanopartikel, sind ein attraktives Material für chemische
und biomedizinische Anwendungen. Sie entstehen aus nur einer einzigen
Molekülkette, die sich zu einem Partikel mit einem Umfang von drei bis
fünf Nanometern zusammenfaltet. "Sie kommen überall im menschlichen
Körper hin, weil sie so klein sind und können für verschiedenste Zwecke
eingesetzt werden", sagt Prof. Dr. Wolfgang Binder vom Institut für
Chemie der MLU. Da es sich um ein junges Forschungsgebiet handelt, sind
jedoch noch einige Fragen offen. So wurde bisher die Struktur der
Partikel nur vermutet, jedoch nicht direkt aufgeklärt.
Als Binder
und sein Team neue einkettige Nanopartikel entwickelten, die im
medizinischen Bereich eingesetzt werden könnten, wollten sie es genauer
wissen. "Wir haben festgestellt, dass die von uns entwickelten
Nanopartikel eine spezielle, innere Struktur haben müssen", sagt Binder.
Um diese aufzuklären, fragte er Kollegen aus Physik und Chemie der MLU
an. Mithilfe einer Kombination sogenannter Elektronenspinresonanz und
Fluoreszenzspektroskopie konnten die Wissenschaftler erstmals die
Struktur eines SCNPs sichtbar machen. "Sie bilden eine Art Nano-Tasche,
in welcher ein Farbstoff oder auch andere Moleküle geschützt sind",
erklärt Binder. Das Ergebnis deckt sich mit bisherigen Vermutungen zur
möglichen räumlichen Struktur der winzigen Partikel.
Das Ziel der
Forschung in Binders Arbeitsgruppe ist, Nanopartikel für die
medizinische Diagnostik zu entwickeln. Die Herstellung der Nanopartikel
ist dabei alles andere als trivial. "Sie müssen für den Körper
gewissermaßen unsichtbar sein", erklärt Justus Friedrich Hoffmann,
Doktorand in Binders Arbeitsgruppe. Das körpereigene Immunsystem darf
sie nicht zerstören. Außerdem müssen sie die entsprechenden
Bindungsstellen im Inneren aufweisen, in diesem Fall für einen
Farbstoff, der eingelagert und geschützt werden soll. Und sie müssen
wasserlöslich sein, um über die Blutbahn transportiert zu werden.
"Häufig bilden sie große Klumpen, wir haben jetzt aber tatsächlich
einzelne Partikel hergestellt", so Hoffmann. Ein chemischer Trick sei
nötig gewesen, um die Kette in der gewünschten Form zu kondensieren.
Der
Farbstoff, der bereits während des Herstellungsprozesses eingebaut
wird, soll für die sogenannte photoakustische Bildgebung genutzt werden.
Das Verfahren ist eine Alternative zur Computertomographie, jedoch ohne
gefährliche Strahlung. Es erlaubt, von außen einige Zentimeter tief in
Gewebe hineinzuschauen. Normalerweise wird der Farbstoff jedoch im
Körper zu schnell zerstört, so Binder. Die winzigen Nanopartikel können
ihn schützen und sollen zum Beispiel zur Sichtbarmachung von Tumoren
dienen, in die die kleinen Partikel über die Blutgefäße eindringen
könnten.
Die Anwendungsmöglichkeiten für SCNPs sind zahlreich.
Sie könnten beispielsweise auch als Nanoreaktoren genutzt werden, in
denen chemische Reaktionen stattfinden.
Den Artikel finden Sie unter:
https://pressemitteilungen.pr.uni-halle.de/index.php?modus=pmanzeige&pm_id=5177
Quelle: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (02/2021)
Publikation: Hoffmann
et al. Fluorescent and water dispersible singlechain nanoparticles:
coreshell structured compartmentation. Angewandte Chemie (2020). https://doi.org/10.1002/anie.202015179 |