Überraschende Effekte: Einzelne Atome als Katalysatoren
Seit Jahren versucht man, Metallpartikel in Katalysatoren immer kleiner zu machen. An der TU Wien zeigte sich: Wenn man bei der kleinstmöglichen Größe ankommt, ist plötzlich alles anders. Metalle wie Gold oder Platin werden oft als Katalysatoren eingesetzt. So dient Platin etwa in Fahrzeugkatalysatoren dazu, giftiges Kohlenmonoxid in ungiftiges Kohlendioxid umzuwandeln. Aufgrund der hohen Kosten solcher Edelmetalle versucht man, sie in Form immer kleinerer Partikel zu nutzen.
Der logische Endpunkt dieser Entwicklung sind
Einzelatom-Katalysatoren: Das Metall liegt dann nicht mehr in Form von
Partikeln vor, sondern in Form einzelner Atome, die auf einer Oberfläche
festgehalten werden. Doch einzelne Atome kann man nicht mehr mit den
Regeln beschreiben, die man von größeren Metallstücken kennt. Die
Gesetze, die für solche Einzelatom-Katalysatoren gelten, müssen daher
völlig neu erforscht werden – und das gelang nun an der TU Wien. Dabei
zeigte sich: Verwendet man einzelne Atome, sind manchmal auch viel
kostengünstigere Materialien effektiver. Diese Ergebnisse wurden nun im
Fachjournal „Science“ publiziert.
Das Zusammenspiel der Atome
„Warum
manche Edelmetalle gute Katalysatoren sind, hat man schon in den
1970er-Jahren erforscht“, sagt Prof. Gareth Parkinson vom Institut für
Angewandte Physik der TU Wien. „Etwa vom Chemiker Gerhard Ertl, der
dafür 2007 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde.“ In einem Stück
Metall lässt sich nicht jedes Elektron einem bestimmten Atom zuordnen,
die Elektronenzustände ergeben sich durch das Zusammenspiel vieler
Atome. Die Energie der Elektronen wird nicht bloß von den Eigenschaften
eines Metallatoms festgelegt, sondern vom Metallstück insgesamt. Für
chemische Prozesse spielen nur die äußeren Atome des Metalls eine Rolle –
die Atome im Inneren des Metallstücks kommen schließlich mit der
Umgebung niemals in Kontakt. Wenn man Material sparen möchte, ist es
daher am besten, statt großer Metallklumpen winzige Metallpartikel zu
verwenden, bei denen sich ein großer Anteil der Atome an der Oberfläche
befindet und sich an der Katalyse beteiligen kann. Daher war die Idee
naheliegend, das Metall in Form einzelner Atome zu verwenden, damit
jedes einzelne Metallatom chemisch aktiv sein kann. Und tatsächlich
lassen sich auf diese Weise große Erfolge erzielen. Falsches Modell, richtige Lösung
„Das
Verwirrende daran ist nur: Bei einzelnen Atomen sind die Modelle
eigentlich gar nicht mehr anwendbar, mit denen man bisher erklärt hatte,
warum diese Edelmetalle so gute Katalysatoren sind“, sagt Gareth
Parkinson. „Einzelatome können sich keine Elektronen teilen, die
Elektronenbänder, deren Energie man für den Schlüssel zur Erklärung der
Katalyse gehalten hatte, gibt es in diesem Fall einfach nicht.“ Intensiv
untersuchte Gareth Parkinson mit seinem Team daher in den letzten
Jahren, welche atomaren Mechanismen hinter dieser Einzelatom-Katalyse
stecken. „Es ist zwar bemerkenswert, dass die Metalle, die wir als gute
Katalysatoren kennen, auch in Form einzelner Atome gute Katalysatoren
sind, aber bei näherer Betrachtung zeigt sich: Das ist kein Zufall“,
sagt Gareth Parkinson. „Es sind nämlich in beiden Fällen dieselben
Elektronen, die sogenannten d-Elektronen, die dafür verantwortlich
sind.“
Maßgeschneiderte Eigenschaften durch passende Oberflächen
Allerdings
ergeben sich in der Einzelatom-Katalyse völlig neue Möglichkeiten, die
man bei der Verwendung gewöhnlicher Metallpartikel nicht hat: „Je
nachdem, auf welchem Untergrund wir die Metallatome platzieren und
welche atomaren Bindungen sie dabei eingehen, können wir die Reaktivität
der Atome verändern“, erklärt Parkinson.
Und das bedeutet in
manchen Fällen, dass besonders teure Metalle wie etwa Platin nicht mehr
notwendigerweise die beste Wahl sind. „Wir haben etwa große Erfolge mit
einzelnen Nickel-Atomen erzielt. Wenn man die atomaren Mechanismen der
Einzelatom-Katalyse versteht, hat man plötzlich viel mehr Spielraum, die
chemischen Prozesse zu beeinflussen“, sagt Parkinson.
Acht
unterschiedliche Metalle wurden an der TU Wien auf diese Weise genau
analysiert – die Ergebnisse passen hervorragend zu den theoretischen
Modellen, die gemeinsam mit Prof. Cesare Franchini von der Universität
Wien entwickelt wurden. „Katalysatoren sind in vielen Bereichen sehr
wichtig, gerade auch wenn es um chemische Reaktionen geht, die für
unsere Umwelt eine große Rolle spielen“, betont Gareth Parkinson. „Unser
neuer Zugang zeigt: Es muss nicht immer Platin sein.“ Entscheidend ist
die lokale Umgebung der Atome – und wenn man sie richtig wählt, kann man
bessere Katalysatoren entwickeln und gleichzeitig sogar noch Ressourcen
und Kosten sparen