Chemikern gelingt Synthese von Amino-Alkoholen durch Licht |
Ob in Beta-Blockern zur Behandlung von Bluthochdruck oder in
Naturprodukten: Vizinale Amino-Alkohole sind hochwertige
organische Verbindungen, die in vielen alltäglichen Produkten vorkommen.
Ihre Herstellung ist jedoch schwierig. Seit langem versuchen Chemiker,
effiziente Methoden ihrer Synthese zu entwickeln. Wissenschaftler um
Prof. Dr. Frank Glorius von der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU)
Münster haben in ihrer kürzlich veröffentlichten Studie jetzt eine Lösung für die Herstellung
einer speziellen Variante der Amino-Alkohole gefunden. „Diese neue
Methode hilft, die Eigenschaften des Stoffes zu untersuchen und in naher
Zukunft Anwendungen für diese neuen Verbindungen zu finden", betont
Frank Glorius vom Organisch-Chemischen Institut der WWU.
Vizinale
Amino-Alkohole können in zwei verschiedenen Isomeren vorkommen, bei denen die funktionellen Amin- und Alkoholgruppen ihre
Positionen tauschen. Sie sind sich damit zwar sehr ähnlich, haben
allerdings häufig unterschiedliche biochemische Eigenschaften. Die
beiden Amin- und Alkoholgruppen in einem Schritt einzubauen, stellt eine
große Herausforderung dar. Die Entdeckung der „Asymmetrischen
Amino-Hydroxylierungsreaktion“ mit dem eines der Isomere hergestellt
werden kann, belohnte den Chemiker Barry Sharpless 2001 sogar mit einem
Nobelpreis. Das andere Isomer kann jedoch nicht auf diese Weise
synthetisiert werden und blieb ein langjähriges Problem – bis jetzt.
Mithilfe der neuen durch Licht initiierten Reaktionsmethode der
WWU-Chemiker ist nun auch die Synthese des anderen Isomers effizient
möglich geworden.
Hintergrund und Methode
Unaktivierte
Alkene, die eine Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindung enthalten, sind
aufgrund ihrer guten Verfügbarkeit als Ausgangschemikalien für
Reaktionsprozesse bekannt. Im Allgemeinen wird der Einbau sowohl von
Amin- als auch von Alkoholgruppen in einem Schritt über diese
Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindung von nicht aktiviertem Alken immer
durch die Amingruppe initiiert, gefolgt von der Addition der
Alkoholgruppe. Als Ergebnis wird immer ein bestimmtes Isomer des
vizinalen Amino-Alkohols gebildet. Die Wissenschaftler haben jetzt eine
bestimmte Klasse von aminähnlichen Verbindungen identifiziert, die
reaktiv und dennoch stabil genug sind, um zunächst die Addition der
Alkoholgruppe an die Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindung und
anschließend die Addition der Amingruppe zu ermöglichen, um das bisher
unzugängliche Isomer der vizinalen Amino-Alkohole zu erzeugen.
"So
wie Pflanzen Chlorophyll verwenden, um Licht in Energie umzuwandeln,
verwenden wir einen sogenannten Photokatalysator", erklärt Dr. Tuhin
Patra, Erstautor der Studie. "Dieser Katalysator kann das Licht von
blauen LEDs absorbieren und seine Energie auf ein unmittelbar an der
Reaktion beteiligtes Molekül übertragen. Dabei werden gleichzeitig die
Amin- und Alkoholgruppen freigesetzt.“ Dieser Vorgang, bei dem die
Moleküle gegenseitig Elektronen übertragen, werde als Energietransfer
bezeichnet, erläutert der Wissenschaftler.
Attraktiv ist, dass
die neue Methode das am wenigsten zugängliche Isomer der vizinalen
Aminoalkohole so erzeugt, dass sowohl die Alkohol- als auch die
Amingruppe vor weiteren Reaktionen geschützt sind. Je nach Bedarf des
Anwenders kann danach eine der beiden Alkohol- oder Amingruppen
reaktiviert werden, ohne die andere zu beeinträchtigen. Es können aber
auch beide Gruppen gleichzeitig zu weiteren Reaktionen befähigt werden,
falls das für die Synthese weiterer Stoffe nötig ist. "Bei den
bisherigen Designs wird in der Regel immer nur eine Gruppe in einem
komplexen mehrstufigen Gesamtprozess installiert. Unser Design erlaubt
nicht nur den Einbau von zwei verschiedenen Gruppen in einem Schritt mit
gewünschtem Schutz, sondern erzeugt auch zuverlässig das am wenigsten
zugängliche Isomer und bietet damit die Chance, künftige
Anwendungsmöglichkeiten dieser Verbindung zu untersuchen“,
schlussfolgert Frank Glorius.
Den Artikel finden Sie unter:
https://www.uni-muenster.de/news/view.php?cmdid=11472
Quelle: Westfälische Wilhelms-Universität Münster (01/2020)
Publikation: T.
Patra, M. Das, C. Daniliuc, F. Glorius (2021): Metal-free,
photosensitized oxyimination of unactivated alkenes with bifunctional
oxime carbonates. Nature Catalysis; DOI: 10.1038/s41929-020-00553-2. https://www.nature.com/articles/s41929-020-00553-2 |