Den pH-Wert mit der Terahertz-Spektroskopie lokal messen |
Forscherinnen und Forscher der Ruhr-Universität Bochum haben eine neue Methode entwickelt, um den pH-Wert in einem eng umgrenzten Flüssigkeitsvolumen zu bestimmen. Bislang ist eine zuverlässige Messung mit einem pH-Meter nur in größeren und gleichförmigen Volumina möglich. Das neue Verfahren, das auf der Terahertz-Spektroskopie basiert, beschreibt das Team vom Exzellenzcluster Ruhr Explores Solvation, kurz Resolv.
Für die Arbeit kooperierten die Teams vom Lehrstuhl für
Physikalische Chemie II um Prof. Dr. Martina Havenith und vom Lehrstuhl
für Theoretische Chemie um Prof. Dr. Dominik Marx. „Es gibt immer mehr
Hinweise, dass biologische Reaktionen nicht so sehr von den globalen
chemischen Eigenschaften einer Lösung abhängen, sondern dass die lokalen
Gegebenheiten in der direkten Umgebung eines Enzyms entscheidend sind“,
sagt Martina Havenith. Dazu zählen etwa der pH-Wert oder lokale
Ladungszustände. „Es ist wichtig für uns, diese lokalen Eigenschaften
nicht nur messen, sondern vorhersagekräftig berechnen zu können – zum
Beispiel, wenn wir Enzyme als Biokatalysatoren nutzbar machen und die
optimalen Umgebungsbedingungen für sie schaffen wollen“, so Dominik
Marx.
Tests mit der Aminosäure Glycin
Die
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiteten mit einer Lösung der
Aminosäure Glycin. Diese besitzt zwei funktionelle Gruppen, die
Protonen aufnehmen oder abgeben können. Die Säure kann also in
unterschiedlichen Protonierungszuständen vorliegen, welche durch
Veränderung des pH-Werts der Lösung variiert werden können.
Die
Chemiker untersuchten Glycin-Lösungen mit der Terahertz
(THz)-Spektroskopie. Dabei schicken sie Strahlung im THz-Bereich durch
die Lösung, welche einen Teil der Strahlung absorbiert. Das
Absorptionsmuster in einem bestimmten Frequenzbereich stellen sie in
Form eines Spektrums dar. Gleichzeitig berechnen sie auch die THz
Spektren dieser wässrigen Lösungen für unterschiedliche pH-Bedingungen.
Unterschiedliche Spektren je nach pH-Wert
Je
nach Protonierungszustand von Glycin fielen die Spektren sehr
unterschiedlich aus. Mit komplexen Computersimulationen, sogenannten
Ab-initio-Molekulardynamik-Simulationen, untersuchte die Gruppe warum.
Mit diesem Verfahren können die Forscherinnen und Forscher gewisse
Bereiche eines Spektrums – die sogenannten Banden – den Bewegungen
unterschiedlicher Bindungen im Molekül zuordnen. So zeigten sie, wie
sich die unterschiedlichen Protonierungszustände im Spektrum
widerspiegelten. Während deprotoniertes Glycin (hoher pH-Wert) nahezu
keine Peaks im Terahertz-Spektrum verursacht, erzeugt protoniertes
Glycin (geringer pH-Wert) deutlich sichtbare Banden. Das Spektrum eines
Zwischenzustandes, des Glycin-Zwitterions (neutraler pH-Wert), lag
dazwischen. So erhielten die Forscherinnen und Forscher sozusagen einen
Fingerabdruck der Protonierung, gemessen als Funktion des pH-Werts. Sie
zeigten, dass die Intensität des Spektrums im Bereich zwischen 0 und 15
Terahertz mit dem pH-Wert korreliert.
In weiteren Experimenten
wiesen die Forscherinnen und Forscher nach, dass die Methode auch für
die Aminosäure Valin und für kleine Peptide funktioniert. „Künftig
eröffnet uns diese grundlegende Erkenntnis neue Möglichkeiten, um lokale
Ladungszustände auf der Oberfläche von Biomolekülen nicht invasiv zu
bestimmen“, resümiert Martina Havenith.
Den Artikel finden Sie unter:
https://news.rub.de/presseinformationen/wissenschaft/2020-11-20-chemie-den-ph-wert-mit-der-terahertz-spektroskopie-lokal-messen
Quelle: Ruhr-Universität Bochum (11/2020)
Publikation: Martina
Havenith et al.: Probing local electrostatics of glycine in aqueous
solution by THz spectroscopy, in: Angewandte Chemie International
Edition, 2020, DOI: 10.1002/anie.202014133 |