Forschende des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie und der Mongolischen Akademie der Wissenschaften haben das Genom des ältesten menschlichen Fossils, das bis jetzt in der Mongolei gefunden wurde, analysiert: Die 34.000 Jahre alte Frau hatte rund 25 Prozent ihrer DNA von Westeurasiern geerbt. Die Vorfahren heute lebender Menschen hatten den eurasischen Kontinent folglich schon kurz nach der ersten Besiedlung erneut durchquert. Die Studie zeigt auch, dass das Erbgut der Frau, sowie auch das eines 40.000 Jahre alten Individuums aus China, DNA-Segmente von Denisovanern enthielt, einer ausgestorbenen Homininenform, die vor der Ankunft des modernen Menschen in Asien lebte.
Im Jahr 2006 entdeckten Bergleute im Salkhit-Tal im Bezirk Norovlin
in der östlichen Mongolei eine menschliche Schädeldecke mit eigenartigen
morphologischen Merkmalen. Ursprünglich als Mongolanthropus bezeichnet,
wurde das Fundstück zunächst für einen Neandertaler oder sogar einen
Homo erectus gehalten. Bei den Überresten des „Salkhit“-Individuums
handelt es sich um das einzige bekannte Fossil eines Homininen aus dem
Pleistozän, das in der Mongolei gefunden wurde.
Die aus der
Schädeldecke extrahierte alte DNA zeigte, dass diese einem modernen
Menschen gehört hatte, einer Frau, die vor 34.000 Jahren lebte und enger
mit Asiaten als mit Europäern verwandt war. Vergleiche mit dem einzigen
anderen bisher per DNA-Analyse untersuchten frühen modernen
ostasiatischen Menschen, einem 40.000 Jahre alten Mann aus der
Tianyuan-Höhle bei Peking in China, zeigten genetische Ähnlichkeiten
zwischen beiden Individuen. Sie unterscheiden sich jedoch insofern, dass
das Erbgut der Salkhit-Frau etwa zu einem Viertel von westlichen
Eurasiern abstammt, wahrscheinlich durch Vermischung mit alten Sibirern.
Migration und Interaktion
„Das
ist ein direkter Beleg dafür, dass Gemeinschaften moderner Menschen in
Ostasien schon vor 34.000 Jahren recht kosmopolitisch waren“, sagt
Diyendo Massilani, Erstautor der Studie und Forscher am
Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig. „Dieses
seltene Fundstück zeigt: Migrationen und Interaktionen zwischen
verschiedenen Populationen fanden in ganz Eurasien bereits vor etwa
35.000 Jahren häufig statt.“
Die Forschenden wendeten eine neue
am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie entwickelte
Methode an, die es ermöglichte DNA-Abschnitte von ausgestorbenen
Homininen in den Genomen der Salkhit- und Tianyuan-Individuen zu finden.
Sie stellten fest, dass die beiden Genome nicht nur DNA von
Neandertalern enthielten, sondern auch DNA von Denisovanern, den
geheimnisvollen asiatischen Verwandten der Neandertaler. „Es ist
faszinierend zu sehen, dass die Vorfahren der ältesten Menschen
Ostasiens, von denen uns genetische Daten vorliegen, sich bereits mit
Denisovanern vermischt hatten, einer ausgestorbenen Homininenform, die
Erbgut an die Vorfahren von heute in Asien und Ozeanien lebende
Populationen weitergegeben hat“, sagt Byambaa Gunchinsuren, Forscherin
am Institut für Archäologie der Mongolischen Akademie der
Wissenschaften. „Das ist ein direkter Beweis dafür, dass Denisovaner und
moderne Menschen einander vor mehr als 40.000 Jahren begegnet sind und
sich miteinander vermischt haben.“
„Interessanterweise
überschneiden sich die Denisovaner-DNA-Fragmente dieser sehr alten
Ostasiaten mit denen, die man in den Genomen heute in Ostasien lebender
Menschen findet, nicht aber mit den Densiova-DNA-Fragmenten heute
lebender Populationen aus Ozeanien. Es scheint also in der Vergangenheit
verschiedene unabhängige Vermischungsereignisse zwischen Denisovanern
und modernen Menschen gegeben zu haben“, sagt Massilani.
Quelle: Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie (1o/2020)
Publikation: Diyendo
Massilani, Laurits Skov, Mateja Hajdinjak, Byambaa Gunchinsuren,
Damdinsuren Tseveendorj, Seonbok Yi, Jungeun Lee, Sarah Nagel, Birgit
Nickel, Thibaut Devièse, Tom Higham, Matthias Meyer, Janet Kelso,
Benjamin M. Peter, Svante Pääbo Denisovan ancestry and population history of early East Asians Science.